Ärzteschaft

111. Deutscher Ärztetag beendet: Zusammenfassung

  • Sonntag, 25. Mai 2008

Ulm – Sorge um sozial schlechter gestellte Menschen hat der Deutsche Ärztetag am Freitag geäußert. Die individuelle Patient-Arzt-Beziehung werde ausgehöhlt und Leistungen für Kranke schleichend und zunehmend rationiert. Eine Wartelistenmedizin drohe durch die Zerstörung bewährter Strukturen in der ambulanten und stationären Patientenversorgung. Der Ärztetag forderte deshalb die Bundesregierung auf, „nachhaltige und ausreichende Finanzierungsmodelle für eine zukunftsfeste Gesundheitsversorgung der Bevölkerung vorzulegen“.

Die Praxisgebühr soll nach dem Willen des Deutschen Ärztetages wieder abgeschafft werden. „Die Praxisgebühr hat den bürokratischen Aufwand in den Arztpraxen und Notfallambulanzen sowie bei den Verwaltungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, der Krankenhäuser und Kassen erheblich erhöht“, kritisierten die Delegierten. Die damit enstehenden Kosten kämen nicht Gesundheitsversorgung zugute. Zudem gehe die erhoffte steuernde Wirkung der Praxisgebühr vor allem zulasten der wirtschaftlich schlechter gestellten Bürger. Diese würden trotz bestehender Befreiungsregelungen auf notwendige Arztbesuche verzichten.

Das Praktisches Jahr muss vergütet werden, um den ärztlichen Nachwuchs zu motivieren, auch weiterhin der in der Patientenversorgung zu arbeiten, forderte der Deutsche Ärztetag von Universitäten und Lehrkrankenhäuser. „Die Studenten im Praktischen Jahr leisten einen wichtigen Beitrag zum Ablauf in der stationären Versorgung“, betonten die Delegierten.

Abschiebung ist kein flugmedizinisches Problem. So kommentierte der Deutsche Ärztetag Überlegungen der Innenministerkonferenz, die mithilfe eines Pools von „Ärzten für Flugmedizin“ die Flugtauglichkeit von abzuschiebenden Personen feststellen wollen. Die Ausländerbehörden sollten sich eher an die Psychotherapeuten und Allgemeinmediziner wenden, die diese Menschen behandelt haben.

Zudem verwies der Ärztetag auf den Informations- und Kriterienkatalog einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Ländervertretern und Vertretern der Bundesärztekammer zu Fragen der ärztlichen Mitwirkung bei Rückführungsfragen von 2004. „Diesem Katalog ist zu folgen“, erklärten die Delegierten.

Einer Lockerung des Werbeverbots für rezeptpflichtige Arzneimittel hat der Deutsche Ärztetag eine Absage erteilt. Ein Entwurf der EU-Kommission sieht vor, dass die Pharmaindustrie die Öffentlichkeit direkt mit vermeintlich objektiven Informationen über ihre Produkte versorgt. „Die Industrie verfolgt legitimerweise primär das Ziel, Gewinne zu erzielen. Sie hat im Gegensatz zu Körperschaften öffentlichen Rechts keine Gemeinwohlbindung“, stellten die Delegierten klar. Daher sei die pharmazeutische Industrie als Quelle unabhängiger, objektiver und unverzerrter Patienteninformationen ungeeignet. Das habe auch eine von der Europäischen Kommission mitfinanzierte Studie der Weltgesundheitsorganisation ergeben, erklärte der Ärztetag.

Der Deutsche Ärztetag hat sich für eine verpflichtende Offenlegung des Studiendesigns sowie der Ergebnisse von Anwendungsbeobachtungen im Arzneimittelgesetz ausgesprochen. Von Veröffentlichung der Beobachtungsergebnisse würden Patienten, Ärzte und die Politik profitieren.

Der Deutsche Ärztetag in Ulm hat den Gesetzgeber aufgefordert, eine Verpflichtung zur Kennzeichnung von Arzneimitteln einzuführen, die weniger als fünf Jahre auf dem Markt sind. Dadurch wäre für Patienten nachvollziehbar, dass die Sicherheit des entsprechenden Mittels noch nicht abschließend bewertet sei, heißt es in dem Beschluss. Präparate, die neue auf den Markt kommen, hatten bis 2006 nach dem Arzneimittelgesetz eine automatische Verschreibungspflicht von fünf Jahren, bis eine Bewertung der Risiken in der breiten Anwendung bestand.

EB

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung