Südafrika: Mehr Impfdurchbrüche durch Omikron, aber bisher weniger schwere Verläufe

Johannesburg – Eine Analyse von SARS-CoV-2-Tests durch die größte private Krankenkasse in Südafkrika bestätigt die Befürchtung, dass eine komplette Impfung nur einen begrenzten Schutz vor der Omikron-Variante erzeugt. Auch die Immunität durch frühere Infektionen ist nicht ausreichend.
Der Anstieg von schweren Erkrankungen ist laut einer Pressemitteilung von Discovery Health bei Infektionen mit Omikron jedoch bisher flacher ausgefallen als während der 1. Welle der Erkrankung Mitte letzten Jahres. Auffällig ist eine erhöhte Rate von schweren Infektionen bei Kindern.
Nach den Daten des „Network for Genomic Surveillance in South Africa“, das nach der 1. Welle eingerichtet wurde, entfallen bereits mehr als 90 % aller neuen Infektionen in Südafrika auf Omikron. Die besorgniserregende Variante (VOC) hat sich demnach rascher ausgebreitet als zuvor die VOC Delta und Alpha, eine Erfahrung, die derzeit auch aus England und Dänemark berichtet wird. Neuinfektionen und der Anteil der positiven Tests (ein Marker für die Dunkelziffer) sind ebenfalls steil angestiegen.
Mitarbeiter von „Discovery Health“, mit 3,7 Millionen Versicherten (von 60 Millionen Einwohnern) der größte private Krankenversicherer des Landes, haben zusammen mit dem „South African Medical Research Council“ mehr als 211.000 COVID-19-Testergebnisse ausgewertet. Darunter waren 41 % von erwachsenen Mitgliedern, die 2 Dosen des Pfizer-Biontech-Impfstoffs BNT162b2 erhalten hatten. Ungefähr 78.000 dieser COVID-19-Testergebnisse waren im Zeitraum vom 15. November bis 7. Dezember 2021 auf Omikron-Infektionen zurückzuführen.
Eine testnegative Fallkontrollstudie ergab, dass geimpfte Personen, die 2 Dosen von BNT162b2 erhalten hatten, zu 33 % seltener ein positives Testergebnis hatten als ungeimpfte Personen. Dies stellt laut dem Team um Shirley Collie von „Discovery Health“ einen signifikanten Rückgang gegenüber dem 80 %-igen Infektionsschutz dar, den eine Impfung in der Zeit vor dem Auftreten von Omikron gewährt hatte.
Der Schutz vor schweren Erkrankungen scheint weitgehend erhalten geblieben zu sein. Die Studie deutet auf eine 70 % niedrigere Zahl von Krankenhauseinweisungen wegen COVID-19 gegenüber Ungeimpften hin. Auf dem Höhepunkt der Delta-Welle hatte die Schutzwirkung in Südafrika noch bei 93 % gelegen. Die Schutzwirkung ist damit gesunken, mit 70 % wird nach Einschätzung von Collie aber immer noch ein „sehr guter Schutz“ erreicht.
Der Schutz vor einer Hospitalisierung war laut der Pressemitteilung über alle Altersgruppen zwischen 18 und 79 Jahren nachweisbar. Für Senioren im Alter von 60 bis 69 Jahren war er mit 67 % und für Personen im Alter von 70 bis 79 Jahren mit 60 % nur leicht abgefallen. Eine „konsistente“ Schutzwirkung besteht den Angaben zufolge auch für Personen mit einer Reihe von Vorerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Hypercholesterinämie und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Das Risiko einer erneuten Infektion ist hoch. Es beträgt der Untersuchung zufolge 40 % für Personen, die sich in der 3. Welle mit Delta infiziert hatten, 60 % für Personen, die sich in der 2. Welle mit Beta infiziert hatten und 73 % für Personen, die im letzten Jahr während der 1. Welle erkrankt waren, die noch vom Wildtyp (mit der D614G-Mutation) getragen wurde.
Nach dem steilen Ansteigen der Infektionen mit Omikron ist es bisher zu einem flacheren Verlauf der Krankenhauseinweisungen gekommen. Laut Collie haben Erwachsene, die sich mit der Omikron-Variante infiziert haben, ein um 29 % geringeres Hospitalisierungsrisiko im Vergleich zur 1. Infektionswelle von Mitte 2020. Auch die Zahl der Intensivbehandlungen liege bisher niedriger als bei früheren Erkrankungswellen.
Eine weitere Besonderheit von Omikron könnte sein, dass Kinder schwerer erkranken. Komplikationen seien zwar absolut gesehen immer noch sehr selten, berichtet Collie. Das Risiko, dass Kinder unter 18 Jahren bei einer Infektion mit Omikron im Krankenhaus behandelt werden müssen, sei jedoch um 20 % höher als in früheren Erkrankungswellen.
Es handele sich hierbei um eine vorläufige Einschätzung, das „National Institute for Communicable Diseases“ habe jedoch bereits in der 3. Welle einen Trend zu häufigeren schweren Verläufen im Kindesalter beobachtet, so Collie. Es bleibe allerdings dabei, dass die Tests bei Kindern zu 51 % seltener positiv ausfallen als bei Erwachsenen. Bei den meisten Kindern bleibe es bei einer leichten Erkrankung mit Halsschmerzen, verstopfter Nase, Kopfschmerzen und Fieber, die innerhalb von 3 Tagen abklingen.
In Südafrika werden vor allem die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Johnson & Johnson eingesetzt. Die Impfquote ist mit 26 % vollständig Geimpfter relativ niedrig. Hinzu kommt noch einmal eine unbekannte Zahl von Personen, die aufgrund einer früheren Infektion eine begrenzte Immunität haben.
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