Gutachten: Hochschulmedizin bedarf der Unterstützung

Berlin – Dringenden Verbesserungsbedarf sieht die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) für die hochschulmedizinische Forschung in Deutschland. Diese nimmt in ihrem bereits siebten Jahres-Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit in Deutschland als „Kernthema“ viel Raum ein. Ihre Analyse ist dabei eindeutig: Deutschland verfügt zwar über leistungsfähige hochschulmedizinische Standorte, aber keiner dieser Standorte ist international führend.
„Die Qualität der Forschung erreicht nicht das Niveau internationaler Spitzenstandorte, zu denen neben den USA beispielweise auch die Niederlande und Kanada gehören“, erklärte Dietmar Harhoff, Vorsitzender der von der Bundesregierung berufenen Expertenkommission Forschung und Innovation.
Heute überreichte die Kommission in Berlin Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (beide CDU) den Bericht 2014. Insgesamt bescheinigt das wissenschaftliche Politikberatungsgremium darin der deutschen Forschungs- und Innovationspolitik wichtige Erfolge. Gleichzeitig fordern die Experten jedoch mehr politisches Engagement, auch im Bereich der Hochschulmedizin.
Als internationales „Erfolgsrezept“ für den Medizinbereich identifizierten die Experten die räumliche Nähe von Forschungseinrichtungen, Krankenhäusern und Unternehmen und plädieren daher für eine regionale Konzentration von medizinischen Forschungseinrichtungen.
Die deutsche Forschungslandschaft dürfe nicht fragmentiert werden, da Spitzenleistungen in der Forschung eine bestimmte kritische Größe der hochschulmedizinischen Standorte erforderten. Neue Standorte sollten nicht eingerichtet werden, meinen sie, es sei denn, sie wiesen außergewöhnliche Innovationspotenziale auf. Stattdessen sollten die Forschungsmittel in der Hochschulmedizin noch stärker auf besonders leistungsfähige deutsche Standorte konzentriert werden.
Rückendeckung erhalten von der Expertenkommission Forderungen aus der Hochschulmedizin, die Hochschulklinika in Deutschland separat zu unterstützen. Sie seien „systembedingten Mehrbelastungen ausgesetzt“, etwa durch die Ausbildung des Ärzte- und Forschernachwuchses und durch Extremkostenfälle, konstatiert auch die Kommission. Diese würden durch das bestehende Vergütungssystem nicht angemessen kompensiert.
„Es besteht die Gefahr, dass die finanziell defizitäre Krankenversorgung in den Hochschulklinika durch Mittel subventioniert wird, die eigentlich für Forschung und Lehre bestimmt sind. Die Medizinforschung an den deutschen Standorten wird auf diese Weise gegenüber vergleichbaren Institutionen im Ausland benachteiligt“, meinen die Experten.
Verbesserungsbedürftig ist aus ihrer Sicht auch die Situation der forschenden Mediziner. In Deutschland sei eine Karriere in der medizinischen Forschung weniger attraktiv als in anderen Ländern, heiß es in dem Bericht. Fehlende finanzielle Anreize, ausgeprägte Hierarchien an Hochschulklinika sowie die schwierige Vereinbarkeit von Patientenversorgung und Forschung seien die Hauptgründe.
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