Männer reichten während der Pandemie mehr medizinische Studien ein als Frauen

Mailand – Die COVID-19-Pandemie könnte männlichen Wissenschaftlern gegenüber ihren weiblichen Kolleginnen einen Vorsprung verschafft haben. Das zeigt eine Auswertung von mehr als 2.300 Fachzeitschriften des Wissenschaftsverlags Elsevier zwischen Februar und Mai 2020. Die Ergebnisse wurden in PLOS One publiziert (2021; DOI: 10.1371/journal.pone.0257919).
Während der ersten Welle der COVID-19-Pandemie haben den Verlag 30 Prozent mehr Manuskripte erreicht, als im gleichen Zeitraum des Jahrs 2019. Frauen trugen zu diesem Anstieg jedoch weniger bei.
Sie hatten im Frühjahr 2020 in allen akademischen Bereichen, einschließlich Medizin, Biowissenschaften, Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften weniger Manuskripte (2.779.421) als Männer (6.118.748) eingereicht.
Besonders ausgeprägt waren diese Unterschiede im medizinischen Bereich – dem Bereich, der am unmittelbarsten mit COVID-19 zusammenhängt – und bei Frauen, die am Anfang ihrer Karriere standen.
Ein weniger ausgepägter Trend zeigte sich bei der Auswertung des Peer-Review-Prozesses. In den meisten akademischen Bereichen nahmen Frauen und Männer in ähnlichem Umfang Einladungen zur Begutachtung von Manuskripten an.
Dies war jedoch nicht der Fall in den Bereichen Gesundheit und Medizin, in denen sich Frauen weniger engagierten. Insgesamt wurden die Daten von mehr als fünf Millionen Autoren analysiert, die zwischen Februar 2018 und Mai 2020 tätig waren.
Insgesamt deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass der Beginn der Pandemie ein Umfeld begünstigt haben könnte, das für Männer in der Wissenschaft vorteilhaft war.
Für Frauen könnte dies langfristige Auswirkungen habe und die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern im akademischen Bereich vertiefen. Denn das Publizieren spielt für den beruflichen Erfolg von Akademikern eine entscheidende Rolle.
Der Eindruck, dass Frauen seit Beginn der Pandemie weniger Manuskripte bei Fachzeitschriften einreichten, wurde bereits durch zwei Studien bestätigt (eLife 202; BMJ Global health 2020). Eine neuere Auswertung von mehr als 40.000 biowissenschaftlichen Artikeln ergab, dass die Erstautorenschaft von Männern während der Pandemie um 14 Prozentpunkte zugenommen hatte im Vergleich zu Frauen (BMJ Open 2021).
Diese Ergebnisse sind jedoch nach wie vor umstritten. Denn in einigen medizinsichen Fachgebieten soll der Anteil von Frauen als Erstautorinnen von Manuskripten sogar gestiegen sein, so etwa in kardiologischen Fachzeitschriften (Journal of the American Heart Association 2021). Allerdings waren Frauen deutlich seltener Erstautorinnen von COVID-19-bezogenen Forschungsmanuskripten.
Eine von der British Ecological Society (BES) veröffentlichte Studie ergab, dass sich der Anteil der von Frauen verfassten Beiträge während der COVID-19-Welle in 2020 im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2019 nicht verändert hätte. Künftige Untersuchungen zu den geschlechtsspezifischen Auswirkungen von COVID-19 auf akademische Laufbahnen sind von entscheidender Bedeutung.
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