Vierfach-Grippeimpfung: G-BA wehrt sich gegen Vorwürfe

Berlin – Im Streit um die Frage, ob der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut (RKI) zum Vierfach-Grippeimpfstoff zu langsam umsetzt, hat sich der G-BA jetzt vehement verteidigt. In einem Schreiben an den Parlamentarier Andrew Ullmann (FDP) und alle Abgeordneten des Bundestagsgesundheitsausschusses, das dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) vorliegt, betont G-BA-Chef Josef Hecken, dass sich der Bundesausschuss vollkommen gesetzeskonform verhalte.
Man habe die Beratungen zur Umsetzung der STIKO-Empfehlungen „unmittelbar nach deren Veröffentlichung“ am 11. Januar 2018 begonnen, schreibt Hecken in dem Brief. Dabei schöpfe man die im Gesetz eingeräumten Möglichkeiten zur Verkürzung des Verfahrens, auch der Verkürzung der Frist auf drei Wochen für das gesetzlich vorgeschriebene und noch bis zum 15. März 2018 laufende Stellungnahmeverfahren zur Sachverständigeneinbeziehung, aus, erklärte er weiter.
Übernahme als Kassenleistung vorgesehen
Wie Hecken zudem erläuterte, sieht der ins Stellungnahmeverfahren gegebene Beschlussentwurf eine Übernahme der STIKO-Empfehlung zum Vierfachimpfstoff vor. Der Beschluss sei „unter Berücksichtigung der für den 20. März 2018 geplanten und ebenfalls gesetzlich vorgeschriebenen mündlichen Anhörung im Unterausschuss Arzneimittel – für die Sitzung des G-BA am 5. April 2018 geplant“, teilte Hecken weiter mit.
Er verwies zudem darauf, dass die STIKO-Empfehlung zukunftsgerichtet auf die Grippesaison 2018/2019 ausgerichtet gewesen sei. Damit habe man insbesondere auch den pharmazeutischen Unternehmen die notwendige Vorlaufzeit bieten wollen, um rechtzeitig zur nächsten Grippesaison den benötigten Impfstoff mit der entsprechenden von der WHO erst kürzlich veröffentlichten Antigenkombination für die Saison 2018/2019 ausreichend zur Verfügung zu stellen. Die Produktion entsprechender Grippeimpfstoffe könne bis zu acht Monate dauern, so Hecken.
Er führte darüber hinaus aus, dass aus seiner Sicht selbst eine sofortige Rechtsgültigkeit der STIKO-Empfehlung vom 11. Januar 2018 für die laufende Grippesaison nicht rechtzeitig gewesen wäre. „Um rechtzeitig geschützt zu sein, wird allgemein empfohlen, sich bereits in den Monaten Oktober oder November impfen zu lassen; auf diesen Zeitpunkt hin erfolgt auch die regelhafte Bevorratung mit Impfstoffen durch die Ärztinnen und Ärzte“, so Hecken weiter. Er verwahrte sich damit dagegen, dass die STIKO-Empfehlung und der G-BA-Entscheidungsprozess einen Bezug zur aktuellen „Grippewelle“ haben.
Hecken machte zudem deutlich, dass es der G-BA derzeit „bislang ausdrücklich offengelassen“ hat, ob ein Drei- oder Vierfachimpfstoff gegen die saisonale Grippe zu verwenden ist. Auch in der laufenden Saison 2017/2018 sei eine Impfung mit dem Vierfachimpfstoff nicht ausgeschlossen gewesen. Er räumt aber in dem Schreiben auch ein, dass die Entscheidung zur Kostenübernahme bei den Krankenkassen liegt.
Reaktion auf Vorwürfe
Die Klarstellungen Heckens beziehen sich unter anderem auf Vorwürfe des FDP-Abgeordneten Ullmann. Der hatte den G-BA zuletzt als „behäbigen Klotz“ bezeichnet und ihm vorgeworfen, in der Frage des Vierfach-Grippeimpfstoffs nicht in der Lage zu sein „flexibel und unbürokratisch zu handeln“.
Der Parlamentarier hielt auch nach dem Briefwechsel an seinen Äußerungen fest. Die Wege im G-BA seien sehr lang und umständlich. Die starren Verfahrensregelungen würden der medizinischen Praxis nicht gerecht. „Sie führen dazu, dass im Hinblick auf Grippeschutzimpfungen medizinisch notwendige Leistungen nicht rechtzeitig als Regelleistungen für die gesetzlich Versicherten anerkannt und umgesetzt werden können“, so Ullmann. Dieser Zustand könne auch für den G-BA nicht befriedigend sein.
Aufforderung zum Dialog
„Insoweit würde es mich freuen, wenn sich der Vorsitzende des G-BA an einer konstruktiven Debatte um die Verbesserung des Verfahrens zum Wohle der Patienten beteiligt. Denn eines ist auch klar: Die Beteiligung des G-BA an diesem Verfahren ist kein unabänderliches Naturgesetz“, erläuterte Ullmann weiter. Er nehme den Brief jedenfalls als Aufforderung zum konstruktiven Dialog, um den G-BA zukunftsfähig und vor allem patientenorientierter zu machen.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hatte den G-BA zuletzt ebenfalls kritisiert und einen besseren Impfschutz der Bevölkerung per Eilverfahren angeregt. Dass der G-BA die Entscheidung erst im April treffen wolle, sei viel zu spät für die diesjährige Grippesaison, hatte Vorstand Eugen Brysch betont.
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