A wonderful lie: Wissenschaftler diskutieren Lüge vom Weihnachtsmann

Exeter/New England – Die Frage, ob das Konstrukt vom Weihnachtsmann und seinen Rentieren oder vom Christkind, das die Geschenke bringe, das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern in Mitleidenschaft ziehen könnte, diskutieren Wissenschaftler im Fachblatt Lancet Psychiatry (2016; doi: 10.1016/S2215-0366(16)30363-7).
„Kinder finden alle irgendwann heraus, dass ihre Eltern unverfroren über Jahre hinweg eine Lüge aufrecht erhalten haben“, schreiben Christopher Boyle von der Universität Exeter (Großbritannien) und Kathy McKay von der Universität New England (Australien). Die Kinder stünden damit vor gleich mehreren Fragen: Wenn die Geschichte mit dem Weihnachtsmann gelogen war, wo haben Mama und Papa dann noch die Unwahrheit gesagt?
„Feen, Zauberei, selbst Gott geraten ins Wanken“, so die Autoren. Die beiden Wissenschaftler argumentieren aber nicht mit erhobenem Zeigefinger. Sie erinnern sich an die eigene Kindheit und die große Enttäuschung, als die Illusion vom „Santa“ zerplatzte: „Der Zauber war gebrochen. Vorbei war es mit der Realitätsflucht, die Kinder und Erwachsene für ein paar Monate teilen. Weihnachten war nicht mehr das gleiche“, berichten sie.
Eltern, die für ihre Kinder die Illusion vom Weihnachtsmann aufbauen, haben selbst etwas davon, beobachten Boyle und McKay. Sie seien in der Lage, „in eine Zeit zurückzukehren, in der sie selbst glaubten, dass Magie tatsächlich möglich ist“. Sie würden also wieder zum Kind. Ein vergleichbarer Mechanismus stecke hinter der Begeisterung Erwachsener für Kinderbücher und -filme wie Harry Potter.
„Die Geschichte vom Weihnachtsmann ist für kleine Kinder eher eine Bereicherung“, meint der Berliner Psychologe Peter Walschburger. Grundsätzlich sieht er in Mythen, Märchen und Ritualen einen wohltuenden Gegenpol zur ansonsten rationalen Welterklärung. „Wir Menschen brauchen beides: aufgeklärtes Denken und Verzauberungen.“
Lügen in dieser Hinsicht hätten eine lange Tradition: Mit Verzauberungen der Realität hätten Menschen seit jeher zum Beispiel Heimatgefühl, Sicherheit, Trost und soziale Verbundenheit sinnlich erfahrbar gemacht. Wenn Kinder Ungereimtheiten wie angeblich fliegenden Rentieren auf die Schliche kämen, sei das eine Gelegenheit zum Dialog, sagte Walschburger. „Eltern könnten dann erklären, dass es eben eine Geschichte war, die aber einen wahren Kern oder eine gute Botschaft enthält.“
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