Abnahme der Diabeteskomplikationen in den USA
Atlanta – Obwohl die Zahl der Diabetiker in den USA stark gestiegen ist, nimmt die Zahl der Spätkomplikationen ab. Dies geht aus einer Untersuchung der Centers for Disease Control and Prevention im New England Journal of Medicine (2014; 370: 1514-23) hervor, die die Gründe nicht klären kann.
Im Jahr 2010 gab es in den USA 20,7 Millionen Menschen mit Diabetes, dreimal so viele wie 1990, als die Diagnose nach den Recherchen von CDC-Mitarbeiter Edward Gregg von der Emory University in Atlanta erst bei 6,5 Millionen US-Amerikanern gestellt wurde. Zu den knapp 21 Millionen Diabetikern kommen nach Schätzung von Gregg noch einmal 79 Millionen Menschen hinzu, die aufgrund einer gestörten Glukosetoleranz als Prädiabetiker bezeichnet werden. Damit wären 100 von 226 Millionen erwachsenen US-Amerikanern diabetesgefährdet.
Diese Diabetes-Epidemie ist keine neue Erkenntnis. Diabetologen sehen die Entwicklung auch in Deutschland. Sie bringen sie mit Übergewicht und Bewegungsmangel in Verbindung und warnen beständig vor den Folgen, die sich aus den bekannten Spätkomplikationen des Diabetes ergeben: Zum Szenario gehört ein Anstieg von Herzinfarkten, Schlaganfällen, Amputationen und Nierenversagen. Auch die Zahl von Todesfällen infolge hyperglykämischer Krisen könnte ansteigen.
Diese Entwicklung ist jedoch – zumindest in den USA – bisher ausgeblieben, wie Gregg durch eine Auswertung von repräsentativen Umfragen (National Health Interview Survey), Krankenhausstatistiken (National Hospital Discharge Survey), einem Dialyse-Register (U.S. Renal Data System) und dem Sterberegister (U.S. National Vital Statistics) zeigt. Danach gab es 2010 im Vergleich zu 1990 insgesamt 4.379 weniger Herzinfarkte (minus 68 Prozent), 39.703 weniger Schlaganfälle (minus 53 Prozent), 22.703 weniger Amputationen (minus 51,4 Prozent), 32.434 weniger Dialysepflichtige (minus 28 Prozent) und 529 weniger Todesfälle an diabetischer Ketoazidose oder Coma diabeticum (minus 64 Prozent).
Sofern der Anstieg der Diabetesfälle nicht allein auf eine bessere Früherkennung zurückzuführen ist und hierbei sonderbarerweise Patienten mit günstigen Langzeitrisiken gefunden wurden, deuten die Ergebnisse auf eine bessere medizinische Versorgung hin. Die Studie kann dies vom Design her nicht klären (hierzu wären andere epidemiologische Instrumente, etwa Fall-Kontroll-Studien erforderlich).
Gregg kann in der Publikation jedoch eine Reihe von Gründen anführen, die für die günstige Entwicklung verantwortlich sein könnten. Dazu gehört die Verbesserung der Akutbehandlung, die zunehmende integrierte Versorgung von Diabetikern, Fortschritte in der Behandlung von chronischen Erkrankungen und Wundpflege, die bessere Schulung der Patienten, um nur einige Argumente zu zitieren.
Das nach der DCCT gesteigerte Bewusstsein zur Notwendigkeit eines Blutzuckermanagements könnte laut Gregg ebenso geholfen haben, Spätkomplikationen zu vermeiden, wie die bessere Kontrolle von Blutdruck und Blutlipiden. Nicht zuletzt könnten auch Verhaltensänderungen, etwa der Rückgang der Raucher, den Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessert haben.
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