Medizin

ADHS-Medikamente (normalerweise) ohne kardiovaskuläre Risiken

  • Dienstag, 1. November 2011
dpa
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Nashville – Unter der Therapie von Kindern und Jugendlichen mit Ritalin und verwandten Psychostimulanzien kommt es nur sehr selten zu Schlag­an­fällen oder Herzinfarkten.

Die Inzidenz war in einer Kohorten­studie im New England Journal of Medicine (2011; doi: 10.1056/­NEJMoa1110212) geringer als bei nicht behan­delten Kindern. Ein Restrisiko lässt sich jedoch nicht ausschließen.

Der Ritalinwirkstoff Methyl­phenidat und andere zur Behandlung der Aufmerk­samkeits­defizit-/Hyper­aktivi­tätsstörung (ADHS) zugelassenen Substanzen sind pharmakologisch mit der Droge Amphetamin verwandt, deren Konsum auch bei jüngeren Anwendern schwere kardiale Schäden hinterlassen kann.

Auch unter der ADHS-Behandlung wurden vereinzelt plötzliche Todesfälle, Herzinfarkte oder Schlaganfälle beobachtet. Die Medikamente sind deshalb bei Kindern mit kardialen Vorerkrankungen kontraindiziert. Eine kardiale Anamnese ist vor Therapiebeginn vorgeschrieben.
 

Unter Einhaltung dieser Vorsichtsmaßnahmen ist die Therapie jedoch recht sicher. Unter 1,2 Millionen Kindern und jungen Erwachsenen (Alter 2 bis 24 Jahre), die in vier US-Kohorten mit ADHS-Medikamenten behandelt wurden, konnten William Cooper von der Vanderbilt-Universität in Nashville/Tennessee und Mitarbeiter in den Akten der Versicherungen nur 81 schwere kardiovaskuläre Ereignisse recherchieren. Darunter waren 33 plötzliche kardiale Todesfälle, 9 Herzinfarkte und 39 Schlaganfälle. 

Cooper gibt die Häufigkeit mit 3,1 Ereignissen auf 100.000 Personenjahre an. Sie traten damit zu etwa einem Viertel seltener auf als bei gleichaltrigen Kindern und jungen Erwachsenen, die keine ADHS-Medikamente erhalten haben. Cooper ermittelt eine adjustierte Hazard Ratio von 0,75 mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,31 bis 1,85. Die Assoziation ist damit nicht signifikant.

Dies bedeutet zum einen, dass eine kardiovaskulär-präventive Wirkung der Medikamente, die niemand erwarten würde, nicht vorhanden ist. Auf der anderen Seite könnten die Medikamente in einem ungünstigen Fall das Risiko jedoch um 85 Prozent erhöht haben. Dagegen spricht, dass eine Reihe von Subgruppen-Analysen niemals ein auch nur tendenziell erhöhtes Risiko ergeben hat. Selbst wenn die Medikamente das Risiko um 85 Prozent erhöhen würden, wäre das absolute Risiko der Patienten sehr gering, schreibt Cooper.

Die Ergebnisse bedeuten aber nicht, dass die Vorsichtsmaßnahmen unberechtigt sind. Es dürfte deshalb bei den Kontraindikationen und dem Appell an die Vigilanz der Ärzte bleiben.

Die US-Arzneibehörde FDA nimmt die Studie zum Anlass, um noch einmal auf die Kontraindikationen hinzuweisen. Die ADHS-Medikamenten sollten nicht bei Patienten mit schweren Herzkrankheiten eingesetzt werden. Auch Patienten, für die ein Anstieg des Blutdrucks, zu dem es unter der Therapie mit den Stimulanzien kommen kann, problematisch wäre, sollten die Medikamente nicht erhalten. Die FDA fordert zudem zu regelmäßigen Kontrollen von Herzfrequenz und Blutdruck auf.

rme

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