Adipositas: Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin bestimmen Herz-Kreislauf-Risiko

Boston – Nicht allein die überzähligen Pfunde machen Übergewicht und Adipositas zum Risiko für Herz und Kreislauf. Die größere Gefahr geht laut einer Meta-Analyse im Lancet (2013; doi: 10.1016/S0140-6736(13)61836-X) von dem begleitenden Anstieg von Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin aus.
Übergewicht und Adipositas nehmen in den meisten Ländern der Erde zu. Epidemiologen sprechen von einer Pandemie und warnen vor den Folgen. Denn Übergewicht und Adipositas sind mit einem erhöhten Risiko verbunden, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erkranken. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die steigenden Fettreserven die alleinige Ursache für atherosklerotische Gefäßläsionen sind, die den meisten Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugrunde liegen.
Die meisten übergewichtigen und adipösen Menschen haben nämlich weitere Lebensrisiken, von denen arterielle Hypertonie, Hyperglykämie und Hypercholesterinämie am leichtesten erfasst werden können. Dies ermöglichte es einem Team von Epidemiologen der Harvard School of Public Health in Boston, des Imperial College London und der Universität Sydney die einzelnen Faktoren zu trennen und zu bewerten. In der Meta-Analyse aus 97 prospektiven Kohortenstudien mit 1,8 Millionen Teilnehmern kommt die „Global Burden of Metabolic Risk Factors for Chronic Diseases Collaboration (BMI Mediated Effects)“ zu folgendem Ergebnis:
Arterielle Hypertonie größter Risikofaktor
Fast die Hälfte (46 Prozent) des durch Übergewicht und Adipositas bedingten Herzinfarktrisikos und zwei Drittel des Schlaganfallrisikos (76 Prozent) lassen sich auf die drei begleitenden Risikofaktoren Hypertonie, Hyperglykämie und Hypercholesterinämie zurückführen. Den größten Einfluss hat dabei die arterielle Hypertonie. Sie erklärt allein 31 Prozent der Herzinfarkte und 65 Prozent der Schlaganfälle, die mit Übergewicht und Adipositas assoziiert sind. Die Zusammenhänge galten für alle Erdteile und für alle ethnischen Gruppen.
Das Team um Goodarz Danaei von der Harvard School of Public Health folgert daraus, dass die konsequente Behandlung von Hypertonie, Hyperglykämie und Hypercholesterinämie die Zahl von Herzinfarkten und Schlaganfällen deutlich senken kann. Dies ist auch die Erfahrung aus randomisierten klinischen Studien zur Therapie der drei Gesundheitsstörungen (möglicherweise mit Ausnahme der Hyperglykämie, wo es in den letzten Jahren mehrere Studien mit enttäuschenden Ergebnissen gegeben hat).
Die aktuelle Studie zeigt aber auch, dass die Hälfte der mit Übergewicht und Adipositas verbundenen kardiovaskulären Ereignisse eine andere Ursache haben muss. Da die schlichte Tatsache, dass Fettreserven angelegt wurden, kein Anlass für Herzinfarkt und Schlaganfall sein dürfte, muss es andere Begleitumstände geben.
Luc van Gaal von der Universität Antwerpen nennt im Editorial als mögliche Gründe eine Überaktivität des Sympathikus (die erhöhte Herzrate würde sich als Parameter für zukünftige epidemiologische Untersuchungen anbieten), die Entzündungsreaktion (C-reaktives Protein als Biomarker), eine exzessive Bildung von Zytokinen, den oxidativen Stress und die verminderte kardiovaskuläre Fitness (infolge des Bewegungsmangels vieler übergewichtiger und fettleibiger Menschen).
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