Medizin

AID-Systeme werden bei Kindern noch zögerlich eingesetzt

  • Montag, 2. Juni 2025
/Photographee.eu, stock.adobe.com
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Bern/Hannover – Obwohl AID-Systeme („Automatische Insulin-Dosierung“), die eine kontinuierliche Blutzuckermessung mit einer Insulinpumpe kombinieren, mittlerweile für alle Kinder mit Typ-1-Diabetes empfohlen werden – für Vorschulkinder sind sie sogar die Behandlung der Wahl – erfolgt der Einsatz noch zögerlich.

Dabei zeigen aktuelle Studienergebnisse, die auf dem Diabetes-Kongress (DDG) in Berlin vorgestellt wurden, dass die AID-Systeme sicher sind (Abstract 11.03, 11.08 und 12.02). Ein Nachteil könnte eine Tendenz zur Gewichtszunahme sein.

Claudia Boettcher vom Inselspital in Bern hat den Einsatz von AID an den Zahlen des DPV-Registers verfolgt, an dem sich 512 Zentren in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland beteiligen. In den Jahren 2019 bis 2024 nutzten 1.806 von 3.360 Vorschulkindern mit Typ-1-Diabetes (53,8 %) ein AID-System. Bei den Schulkindern waren es 8.023 von 22.848 (35,1 %).

Nach Ansicht von Boettcher ist dies vor allem bei den Vorschulkindern ein zu niedriger Prozentsatz. Dass Diabetologen und/oder Eltern zögerlich sind, zeige sich auch darin, dass nur 40 Vorschulkinder innerhalb von 6 Monaten nach der Diagnose mit dem AID-System versorgt wurden.

Die Gründe lassen sich aus dem DPV-Register nicht ermitteln. Boettcher vermutet, dass auch die begrenzte Verfügbarkeit der AID-Systeme und mögliche strukturelle Schwierigkeiten in der pädiatrischen Diabetologie (zum Beispiel Personalressourcen) eine Rolle spielen könnten.

Dabei zeigen klinische Studien, dass vor allem Vorschulkinder von der Verwendung profitieren. Torben Biester vom Kinder- und Jugendkrankenhaus „Auf der Bult“ in Hannover zeigt dies anhand von 27 Vorschulkindern, die über 3 Monate im Rahmen einer Studie genau beobachtet wurden. Der Anteil der Zeit, in dem der Blutzucker in einem Korridor von 70 bis 180 mg/dl lag, stieg von 52 % auf 64 %. Dieses Niveau wurde in den Folgemonaten gehalten.

Auch der Anteil der Zeit, in dem der Blutzucker in einem engeren Korridor von 70 bis 140 mg/dl blieb, stieg von 31 % auf 40 % an. Auch hier bliebt der Vorteil in den Folgemonaten bestehen.

Die Zeit, in dem der Blutzucker auf über 250 mg/dl angestiegen war, sank nach dem Beginn der AID-Behandlung von 21 % auf 10 % nach 3 Monaten. Hypoglykämien mit Messwerten unter 70 mg/dl nahmen nach 3 Monaten von 15 in 14 Tagen auf 25 in 14 Tagen zu. Allerdings gab es keine Änderungen bezüglich der prozentualen Zeit im hypoglykämischen Bereich sowie bei der applizierten täglichen Insulinmenge.


Im einem HOST-Fragebogen reduzierten sich die Werte für Schlafstörungen (16 versus 13 Punkte) und für die psychologische Belastung (10 versus 7,6 Punkte). Die meisten Eltern und Kinder scheinen also zufrieden und glücklich mit dem AID-System zu sein. Möglicherweise lässt aber mit dem Vertrauen auf das AID-System die Disziplin bei der Ernährung ein wenig nach.

Jantje Weiskorn vom Kinder- und Jugendkrankenhaus „Auf der Bult“ in Hannover fand im DPV-Register Hinweise auf eine Zunahme des Körpergewichts: Bei den Vorschulkindern kam es zu einer Zunahme des „Body Mass Index Standard Deviation Score“ (BMI-SDS) von 0,56 auf 0,74. Bei den Schulkindern stieg der BMI-SDS von 0,44 auf 0,50 und bei den Jugendlichen von 0,68 auf 0,72.

rme

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