Alkoholismus: Immunsuppressivum könnte Rückfälle verhindern

San Francisco – US-Forscher haben möglicherweise ein Mittel entdeckt, um Alkoholkranke vor Rückfällen zu bewahren. In Nature Neuroscience (2013; doi: 10.1038/nn.3439) berichten sie, wie das Immunsuppressivum Rapamycin im Gehirn von Ratten die Schlüsselreize löscht, die auch beim Menschen für die zwanghafte Wiederaufnahme des Alkoholkonsums verantwortlich gemacht werden.
Viele Alkoholiker sagen zwar, dass sie trinken, um zu vergessen. In Wirklichkeit sind es aber bestimmte Erinnerungen, die den Schlüsselreiz für einen erneuten Alkoholexzess bilden. Dies kann der Besuch einer Bar sein oder der Geruch eines alkoholischen Getränks.
Dies ist auch bei den Ratten nicht anders, an denen Patricia Janak und Dorit Ron vom Ernest Gallo Research Center in San Francisco den Alkoholismus studieren. Wenn die Tiere erst einmal abhängig sind, dann bedarf es nicht mehr als den Geruch oder den Geschmack von Alkohol, um sie nach einer längeren Abstinenzphase wieder auf den Alkoholkonsum einzustimmen.
Die beiden Forscherinnen haben untersucht, was die Schlüsselreize im Gehirn auslöst. Sie fanden heraus, dass es dabei in den Corpora amygdalae, einer emotionalen Schaltzentrale im Gehirn, zur gesteigerten Bildung eines Enzyms kommt, das als „mammalian target of rapamycin complex 1“ (mTORC1) bezeichnet wird. Gegen mTORC1 gibt es ein Mittel, das seit einiger Zeit auch beim Menschen eingesetzt wird, wenn auch in einer anderen Indikation: Rapamycin blockiert mTORC1.
Als Rapamune wird es als Immunsuppressivum nach Organtransplantationen eingesetzt, um Abstoßungsreaktionen zu verhindern. Bei den Ratten, die Janak und Ron zunächst abhängig gemacht hatten, verhinderte Rapamycin, dass die Tiere durch den Geruch oder Geschmack von Alkohol wieder rückfällig wurden.
Die Autorinnen vermuten, dass Rapamycin nicht die Erinnerung selbst löscht – eine solche Nebenwirkung ist von der Anwendung von Rapamune beim Menschen auch nicht bekannt. Es könnte aber eine positive emotionale Bewertung der Erinnerung in den Amygdalae blockieren, die bei Alkoholikern oft so stark ist, dass sie alle guten Vorsätze vergessen und sich erneut der Trunksucht hingeben.
Ob Rapamycin auch bei Alkoholkranken die Rückfallrate senkt, ist nicht bekannt. Da das Mittel jedoch (in Deutschland seit 2001) als Medikament zugelassen ist, dürfte klinischen Studien nichts im Wege stehen.
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