Medizin

Allgemeine Aneuploidie-Effekte beim Downsyndrom ebenfalls relevant

  • Montag, 5. Dezember 2022
Menschliche Chromosomen unter dem Mikroskop. /sinhyu, stock.adobe.com
Menschliche Chromosomen unter dem Mikroskop. /sinhyu, stock.adobe.com

Heidelberg – Ein Vergleich der Phänotypen von Zellen mit Downsyndrom in vivo und manipulierter Zelllinien in vitro mit Trisomien der Chromosomen 3, 5, 12 und 21 weisen auf ähnliche molekulare Konsequenzen hin. Diese waren unabhängig davon, welches Chromosom betroffen ist. Allgemeine Aneuploidie-Effekte könnten ebenfalls relevant sein, schlussfolgern die Autorinnen und Autoren einer Studie im American Journal of Gastroenterology (2022; DOI: 10.1016/j.ajhg.2022.10.014).

Trisomien beeinträchtigen die Entwicklung menschlicher Embryonen. So führen autosomale Trisomien fast immer zu Spontanaborten und nur wenige Embryonen überleben, allerdings mit einer Vielzahl an pathologischen Defekten. Bisher sind keine Therapien verfügbar, um die Folgen von Trisomien wie Downsyndrom (Trisomie 21) zu adressieren.

Die Untersuchung der Phänotypen, die in Zellen mit zusätzlichen Chromosomen beobachtet werden, ist entscheidend für das Verständnis der zugrunde liegenden molekularen Ursachen von Trisomiesyndromen. Neben der erhöhten Expression der auf dem Extrachromosom lokalisierten Gene, könnten auch allgemeine aneuploidieassoziierte Veränderungen zur Pathologie beitragen.

Ein besseres Verständnis der Komplexität und allgemeinen Natur von Krankheitsphänotypen bei Trisomien könnte dazu beitragen, weitere Krankheitsmechanismen jenseits des Extrachromosoms zu identifizieren, erläuterte Erstautorin Maria Krivega, Entwicklungsbiologin an der Universität Heidelberg.

Dafür untersuchten die amerikanischen und deutschen Forschenden Datensätze von Proteinen und RNA von Personen mit Downsyndrom und verglichen diese mit im Labor hergestellten Zellen mit Trisomien auf den Chromosomen 3, 5, 12 und 21.

Welches Chromosom 3 mal vorliegt ist für viele Trisomiedefekte nicht entscheidend

Es zeigte sich, dass Gene des Exatrachromosoms exprimiert wurden, was zu einem vergleichs­weise erhöhten mRNA- und Proteinhäufigkeit um das 1,5-Fache führte. Zudem gab es Hinweise darauf, dass unabhängig vom betroffenen Chromosom, die Zellen eine verminderte Fähigkeit aufwiesen, sich zu replizieren, zu überleben und ihre DNA zu erhalten.

Weitere zelluläre Veränderungen umfassten Defekte in der Kernhülle sowie einen modifizierten Mitochondrien-Metabolismus. Darüber hinaus fanden die Wissenschaftler heraus, dass T-Zellen des adaptiven Immunsystems in allen Trisomiezellen unterentwickelt waren, wohingegen das angeborene Immunsystem überaktiv zu sein schien. Die Autoren vermuten, dass dies ein allgemeiner Effekt von Trisomien sein könnte.

Zusammengenommen deuten die aktuellen Erkenntnisse darauf hin, dass die Dysfunktion der zellulären Netzwerke, die bei Trisomie-Syndromen beobachtet werden, weitgehend unabhängig von der Identität des zusätzlichen Chromosoms sind und als allgemeine Stressreaktion auf Aneuploidie gewertet werden können.

Zukünftige Forschungsaktivitäten sollten darauf abzielen, beide Effekte, wie die genspezifischen Reaktionen und die allgemeine Reaktion auf Aneuploidie intensiver zu untersuchen. „Wir hoffen, dass unsere Arbeit zur Aufklärung der komplexen Trisomiephänotypen beiträgt und eine Basis dafür schafft, dass Trisomie-assoziierte Defekte in Zukunft therapeutisch beeinflusst werden können“, schlussfolgerte Krivega.

cw

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