Blick ins Ausland

Als „Arzt ohne Grenzen“ in Sri Lanka

  • Dienstag, 14. Oktober 2003
Sri Lanka260
Konsultation im Behandlungsraum des Krankenhauses

Nach verschiedenen Erfahrungen in Entwicklungsländern in Afrika, stand für mich schon lange fest, nach dem Abschluss meiner Weiterbildung zum Anästhesisten meinen (medizinischen) Horizont zu erweitern. Als Mitarbeiter von CARE habe ich 1994 die Arbeit von „Ärzte ohne Grenzen“ in den Flüchtlingslagern von Goma (Ex-Zaire) kennen gelernt und mir schon damals vorgenommen, eines Tages selber bei „Ärzte ohne Grenzen“ zu arbeiten.

In einem sehr angenehmen Bewerbungsgespräch im Berliner Büro der Organisation gab ich meine Verfügbarkeit ab September 2002 an – ohne genau zu wissen, wo es dann schlussendlich hingehen sollte. Ende August 2002 erfuhr ich, dass ich als Allgemeinarzt in Sri Lanka eingesetzt werden sollte. Abreisetermin Mitte September.

Meinen anfänglichen Sorgen, derartigen Anforderungen zu genügen, stellte ich meine früheren Erfahrungen in mehrmonatigen Aufenthalten in Südafrika und auch in Goma gegenüber. Glücklicherweise ergab sich Anfang September die Gelegenheit, an einem der Einführungsseminare von „Ärzte ohne Grenzen“ in Bonn teilzunehmen.

Mit neuen Erkenntnissen zu vielen Aspekten der Arbeit von „Ärzte ohne Grenzen“ ausgestattet (Sicherheitsregeln, Kommunikation mit Menschen aus anderen Kulturkreisen, Erfahrungsberichte), flog ich schon wenige Tage darauf in Richtung Sri Lanka.

Von „Ärzte ohne Grenzen“ war ich zuvor über die Hintergründe des 19 Jahre andauernden Konfliktes auf dieser Insel informiert worden. Seit 1983 kämpfte die tamilische Minderheit gegen die singhalesische Regierung um ihre Unabhängigkeit. 65 000 Menschen kamen ums Leben, ungefähr eine Million Menschen wurden vertrieben.

Seit Februar 2002 gilt ein Waffenstillstand; im September 2002 begannen Friedensverhandlungen zwischen den Konfliktparteien. „Ärzte ohne Grenzen“ war in diesem Krieg – über viele Jahre vom Ausland kaum beachtet – lange die einzige Nichtregierungsorganisation, die im Tamilengebiet aktiv war.

Drei Tage nach meiner Abreise aus Deutschland kam ich ohne große Verzögerung in Madhu an, einem kleinen Ort im nördlichen Teil der Insel gelegen, der seit Jahren von der tamilischen Befreiungsfront „LTTE“ gehalten wird.

Madhu ist als katholischer Wallfahrtsort in ganz Sri Lanka bekannt, obwohl der Anteil der Christen auf der Insel bei nur sieben Prozent liegt. Die große Basilika wird vor allem an Mariae Himmelfahrt von tausenden Pilgern besucht.

Die Kirche ist von einem „heiligen Bezirk“ umgeben, in dem nie Kampfhandlungen stattgefunden haben. Diese „Insel des Friedens“, die gerade einmal zehn Kilometer hinter der lange umkämpften Front liegt, war das Ziel von ungefähr 60.000 Vertriebenen („internally displaced people“) aus dem ganzen Norden Sri Lankas, die sich auf diesem kleinen Stück Land, umgeben vom Urwald, in kleinen Hütten zusammendrängten.

Nach Abschluss des Waffenstillstandes zogen Tausende Menschen in ihre Heimatdörfer zurück. Bei meiner Ankunft hielten sich noch ungefähr 7000 Vertriebene in Madhu auf. „Ärzte ohne Grenzen“ arbeitet schon seit 1991 in Madhu. Ein ursprünglich für Pilger gebautes kirchliches Krankenhaus wird von der Hilfsorganisation betrieben.

Zusammen mit meiner amerikanischen Kollegin Ann, einer Allgemeinärztin aus Boston war ich für dieses 30 Betten-Krankenhaus drei Monate lang verantwortlich. Es gibt dort einen Kreißsaal mit zwei Plätzen, der von einer schwedischen und einer 74-jährigen tamilischen Hebamme geführt wurde. Die Patienten sind in drei Sälen untergebracht, sortiert nach Männern, Frauen und Kindern. Außerdem gibt es noch einen „emergency room“ mit drei Betten und ein Isolierzimmer.

Der „emergency room“ war ausgestattet mit einer Kiste, in der sich Intubationsbesteck samt Zubehör (Tuben, eine Magillzange, Ambu-Beutel etc) befand. Ein per pedes betriebenes Absauggerät wurde bei Bedarf vom Reinigungspersonal bedient.
Diagnostische Hilfsmittel standen nur in begrenztem Umfang zur Verfügung. Ein kleines EKG-Gerät, Malariaschnelltests, Glucoseteststr

Dr. Jürgen Fleisch

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