Alte Menschen sind nicht per se weniger fahrtauglich

Köln – Ein verbreitetes Vorurteil über alte Menschen korrigiert die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Hochbetagte könnten nicht mehr jede Situation im Straßenverkehr lösen und stellten ein erhebliches Risiko dar, laute die landläufige Meinung. Laut der Fachgesellschaft ist jedoch das Gegenteil der Fall: Das Alter bringe eher die Fähigkeit mit sich, sicher Auto zu fahren.
Der Blick in die deutsche Verkehrs-Unfallstatistik zeigt: Senioren bis 75 Jahre sind keine Risikogruppe. Im Gegenteil. „Die älteren Fahrer haben viel Erfahrung. Sie können Gefahrensituationen richtig einschätzen, und sie sind auch keine Raser“, erläutert Sven Rademacher vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) in Bonn.
Allerdings steigt statistisch die Unfallhäufigkeit von Senioren über 75 Jahren. Laut DVR besitzen fast zwei Millionen Deutsche zwischen 75 und 84 Jahren ein Auto. „Trotzdem ist das Alter an sich kein Risikofaktor. Sicherheit im Straßenverkehr ist keine Frage des Lebensalters, sondern der Gesundheit“, erläutert Rademacher. Gesundheitliche Einschränkungen kämen bei dem einen früher, beim anderen erst sehr viel später. Seine Empfehlung: Autofahrer sollten frühzeitig beginnen, ihren Gesundheitszustand regelmäßig überprüfen zu lassen. Ärzte und Verkehrsexperten empfehlen diese Untersuchungen schon ab 40 Jahren.
„Gesundheitschecks sind ein wichtiger Beitrag zur Sicherheit im Straßenverkehr“, weiß auch der DGG, Ralf-Joachim Schulz aus Köln. Überprüft werden sollten neben der Sehkraft das Gehör, die Beweglichkeit, die Aufmerksamkeit und die Reaktionsgeschwindigkeit des Fahrzeugführers sowie die Funktion von Herz, Leber und Nervensystem, so der Experte für Altersmedizin.
Der Präsident der Fachgesellschaft nennt einen weiteren wichtigen Punkt – Medikamente. Laut DVR nehmen rund zwei Drittel aller Autofahrer ab 65 Jahren regelmäßig Medikamente ein. Bei den über 75-Jährigen sind es sogar 77 Prozent. Sicherheit geht dabei für die meisten befragten Autofahrer vor: 78 Prozent würden ihren Wagen stehen lassen, wenn sie merken, dass Arzneimittel ihre Fahrtüchtigkeit einschränken.
Aber um das zu beurteilen, reicht der Blick in den Beipackzettel nicht aus. Denn oft ist die Kombination verschiedener Arzneimittel die Ursache für Einschränkungen, die sich im Straßenverkehr fatal auswirken können wie Schwindel, Konzentrationsschwächen, verminderte Reaktionsgeschwindigkeit oder verschwommenes Sehen. „Sprechen Sie daher mit Ihrem Arzt über alle Arzneimittel, die sie einnehmen, auch über die freiverkäuflichen“, empfiehlt Schulz. Nur dann sei sichergestellt, dass sie die Fahrtüchtigkeit nicht einschränken.
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