Ambulant und stationär: Sektorendenken überwinden

Berlin – Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Versorgung müssen nicht vor den Kollegen im stationären Bereich geschützt werden oder gar umgekehrt. Das hat Andreas Gassen bei einer Diskussion im Rahmen eines Symposiums der Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GRPG) Mitte Januar klargestellt. Es sei angesichts sich immer stärker verwischender Sektorengrenzen vielmehr notwendig, „dass wir von einem Lagerdenken abweichen und in gemeinsamer Verantwortung denken“. Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sagte, es gehe nicht darum, dass einer dem anderen etwas wegnehme, sondern darum, „von der Versorgung des Patienten her zu denken und nicht nach dem, was uns passt“.
Gassen: beide Bereiche vor denselben Problemen
Dazu müsse man allerdings einen „common sense“ entwickeln, wie das Miteinander gelingen könne, ergänzte Gassen. Er riet, hierfür die ambulante spezialfachärztliche Versorgung als chancenreiche Blaupause zu nehmen: „Damit bietet sich die Möglichkeit für ambulant wie stationär tätige Kollegen, bestimmte Patienten kooperativ zu versorgen.“
Werde dies erfolgreich umgesetzt, lasse sich der Ansatz auf andere Bereiche übertragen, beispielsweise auf das ambulante Operieren oder die Versorgung in Hochschulambulanzen. Eine kooperativere Versorgung ist nach Ansicht des KBV-Vorstands auch unumgänglich, weil der ambulante wie der stationäre Bereich häufig vor denselben Herausforderungen stehen. So gehe die Schere zwischen dem Versorgungsbedarf und den Versorgungskapazitäten in beiden Feldern immer weiter auseinander.
Reumann: Auffangleistung berücksichtigen
Thomas Reumann, der neue Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), stimmte Gassens Schlussfolgerung zu: „Es wird am Ende nur gehen, wenn wir die Sektoren überwinden.“ Angesichts der demografischen Entwicklung und der Zunahme chronischer Erkrankungen bestehe bei der Vernetzung Handlungsdruck. „Wir brauchen eine Orientierung an generationenspezifischen Bedürfnissen“, verlangte Reumann. Unter dem Strich dürfe man deshalb nicht mehr in Sektoren denken, sondern in regionalen, patientenorientierten Versorgungslandschaften. Dies hält der DKG-Präsident auch für sehr wichtig, weil beispielsweise in Baden-Württemberg rund die Hälfte der Krankenhäuser Probleme damit hat, genügend Ärzte und Pflegekräfte zu finden.
Allerdings forderte er für das Miteinander klare Regeln. Zwei Drittel der Notfallpatienten in Kliniken kämen als ambulante Fälle, erläuterte Reumann. Und weil es zeitnah nicht mehr genug Facharzttermine gebe, sprängen die Krankenhäuser in die Bresche. Das müsse man beim Leistungsrecht und bei der Bezahlung berücksichtigen.
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