AMD: VEGF-Therapie bei jedem zweiten Patienten mit gutem Langzeitergebnis
Philadelphia – Die Einführung der proliferationshemmenden Anti-VEGF-Therapie scheint auch langfristig günstige Behandlungsergebnisse bei der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) zu erzielen. Es kommt zwar zu einer allmählichen Verschlechterung der Sehstärke. In der US-amerikanischen CATT, die die Wirkstoffe Ranibizumab und Bevacizumab verglich, verfügten nach fünf Jahren noch fast die Hälfte aller Patienten einen Visus von 20/40 oder besser, der das Lesen einer Zeitung und das Autofahren ermöglicht. Die Ergebnisse wurden auf der Jahrestagung der Association for Research in Vision and Ophthalmology (ARVO) in Seattle vorgestellt und in Ophthalmology (2016; doi: 10.1016/j.ophtha.2016.03.045) publiziert.
Die AMD ist die häufigste Ursache für einen Sehverlust bei älteren Menschen. Die größten Einbußen erleiden Patienten, bei denen es zur pathologischen Bildung von Blutgefäßen in der Retina gekommen ist, aus denen Flüssigkeit und Eiweiße austreten. Vor zehn Jahren bestanden in diesem feuchten Stadium der AMD kaum Chancen, eine baldige Erblindung abzuwenden.
Die Behandlung bestand in einer photodynamischen Therapie, bei der nach intravenöser Injektion eines Photosensibilisators die Blutgefäße in der Makula durch eine Laserbehandlung zerstört wurden. Ein Jahr nach der Therapie hatten (nach den Ergebnissen früherer Studien) weniger als 15 Prozent der Patienten noch einen Visus von 20/40, bei 40 Prozent war er auf 20/200 abgefallen. Diese Personen sehen auf 20 Meter gerade noch das, was Gesunde auf 200 Meter erkennen. Da mit der Makula der Ort des scharfen Sehens betroffen ist, der für das Lesen und das Erkennen kleinerer Gegenstände benötigt wird, wird dies in den gesetzlichen Bestimmungen und Versorgungsrichtlinien einer Erblindung gleichgesetzt.
Den meisten Teilnehmern der Comparison of AMD Treatments Trials (CATT) blieb dieses Schicksal (bisher) erspart. Fünf Jahre nach der ersten Injektion haben 50 Prozent einen Visus von 20/40 oder besser. Zur gesetzlichen Erblindung mit einem Visus von 20/200 oder schlechter kam es bisher nur bei 10 Prozent der Patienten, von denen mittlerweile die meisten über 80 Jahre alt sind. Das ist mehr, als man sich vor zehn Jahren noch erträumt hätte, meint die Leitautorin Maureen Maguire von der Perelman School of Medicine in Philadelphia.
Diese positive Einschätzung gilt allerdings nur für die Hälfte der Teilnehmer, so dass weitere Verbesserungen wünschenswert wären. Inzwischen gibt es neben Ranibizumab und Bevacizumab noch weitere Anti-VEGF-Medikamente. Dass sie besser sind, ist unwahrscheinlich. Alle Mittel haben im Prinzip den gleichen Wirkmechanismus. Sie hemmen den „Vascular Endothelial Growth Factor“ (VEGF), der bei der feuchten AMD die Ausbildung der kleinen Blutgefäße anregt, aus denen dann Flüssigkeit und Eiweiße in die Umgebung austreten und das Sehen verschlechtern. Alle VEGF-Blocker müssen lokal appliziert werden. Dies macht regelmäßige intraokulare Injektionen erforderlich.
In ersten Jahr von CATT wurden Ranibizumab und Bevacizumab monatlich in den Augapfel injiziert. Im zweiten Jahr wurde die Injektion bei einem Teil der Patienten vom Zustand des Auges abhängig gemacht. Ab dem dritten Jahr galt diese „pro re nata“-Regel für alle Patienten. Im Durchschnitt erhielten die Patienten in den letzten dreieinhalb Jahren 15,4 Injektionen oder etwas weniger als fünf pro Jahr.
Die ursprüngliche Motivation für CATT war ein Vergleich des für die Behandlung der AMD zugelassenen Ranibizumab mit dem Krebsmedikament Bevacizumab, dessen Kosten wesentlich geringer sind. Die Ergebnisse nach einem und zwei Jahren, in denen beide Wirkstoffe einem randomisierten Vergleich unterzogen wurden, waren gleich. Maguire und Mitarbeiter haben das Thema jetzt nicht weiter verfolgt, da es Ärzte und Patienten ab dem dritten Jahr überlassen war, welchen Wirkstoff sie nehmen.
Dies kann in der Bewertung leicht zu einer Schräglage führen. Die Daten der Studie liefern aber auch keinen Hinweis dafür, dass Ranibizumab langfristig die signifikant bessere Wahl ist. Bei beiden Mitteln wurde im ersten Jahr eine Verbesserung des Visus erzielt, im zweiten Jahr blieb die Sehleistung in etwa stabil. Danach kam es zu einer allmählichen Verschlechterung. (Ob eine Erhöhung der Injektionsfrequenz dies verhindert hätte, wurde in der Studie nicht untersucht).
Eine weitere Verzerrung könnte sich daraus ergeben, dass Maguire und Mitarbeiter nur 71 Prozent aller überlebenden Patienten durchschnittlich fünfeinhalb Jahre nach Beginn der Studie nachuntersuchen konnten. Die Patienten, die nicht erreicht wurden oder die eine erneute Untersuchung verweigerten, hatten in den ersten beiden Jahren schlechtere Ergebnisse erzielt als die nachbeobachteten Patienten. Die Aussage, dass die Hälfte der Patienten nach fünf Jahren noch ein gutes Ergebnis erzielten, könnte deshalb auf einer positiven Selektion beruhen und die Möglichkeiten der Therapie zu optimistisch beurteilen.
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