American Football: Erektile Dysfunktion nach häufigen Gehirnerschütterungen

Boston – Häufige Gehirnerschütterungen bei Kontaktsportarten können im Alter bei Männern zum Abfall der Testosteronwerte und zur erektilen Dysfunktion führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie an ehemaligen Profis der National Football League in JAMA Neurology (2019; doi: 10.1001/jamaneurol.2019.2664).
Ein schweres Schädel-Hirn-Trauma kann die Hypophyse verletzen, was nachhaltige Störungen des Hormonhaushalts zur Folge hat. Da die Hypophysenhormone LH und FSH beim Mann die Testosteronproduktion steuern, kann es auch zu einem Hypogonadismus kommen, zu dessen Symptomen eine erektile Dysfunktion gehört. Diese Zusammenhänge wurden bisher nur bei Patienten beschrieben, die ein einzelnes schweres Schädel-Hirn-Trauma erlitten hatten.
Bei der Kontaktsportart American Football kommt es trotz Schutzhelm häufiger zu leichteren Gehirnerschütterungen. Die Football Players’ Health Study untersucht seit längerem, welche Folgen dies für die spätere Gesundheit hat.
Zwischen 2015 und 2017 wurden 3.409 ehemalige Profis der National Football League (NFL) gefragt, wie häufig sie während ihrer Sportlerlaufbahn nach einen Zusammenstoß mit anderen Sportlern unter Übelkeit oder Orientierungslosigkeit, Kopfschmerzen, Bewusstlosigkeit oder Sehstörungen gelitten hatten, den typischen Symptomen einer leichten Gehirnerschütterung.
Aus den Angaben bildeten Rachel Grashow von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston und Mitarbeiter einen Symptom-Score, den sie mit den Angaben der Studienteilnehmer zur Verordnung von Medikamenten zur Behandlung eines niedrigen Testosteronspiegels oder einer erektilen Dysfunktion in Beziehung setzten.
Immerhin 18,3 % der Ex-Profis gaben im Alter von durchschnittlich 52 Jahren (Altersspanne 24 bis 89 Jahre) an, dass ihnen der Arzt Medikamente zur Behandlung eines Testosteronmangels verordnet hätte. Insgesamt 22,7 % hatten schon einmal Mittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion erhalten.
Die Assoziationen waren deutlich und dosisabhängig. Ex-Profis mit häufigeren kleineren Schädel-Hirn-Traumata während der Profi-Laufbahn benötigten häufiger Medikamente zur Behandlung eines Testosteronmangels. Die Odds Ratio für das oberste Quartil des Symptom-Scores betrug 3,49 (95-%-Konfidenzintervall 2,68 bis 4,56), was in epidemiologischen Studien ein ungewöhnlich deutlicher Zusammenhang ist.
Nach Berücksichtigung einer längeren Reihe von anderen möglichen Ursachen wie Diabetes, Herzkrankheiten, Schlafapnoe oder der Einnahme von Anabolika schwächte sich die Assoziation zwar ab. Mit einer Odds Ratio von 2,39 (1,79 bis 3,19) war das mögliche Risiko auf einen Testosteronmangel im Alter weiterhin deutlich erhöht.
Für die Verordnung von Medikamenten zur Behandlung einer erektilen Dysfunktion ermittelte Grashow eine Odds Ratio von 2,41 (1,87 bis 3,11) für das Quartil des obersten Symptom-Scores. Auch hier blieb nach Berücksichtigung anderer möglicher Ursachen noch eine Odds Ratio von 1,72 (1,30 bis 2,27) bestehen.
Natürlich kann die Studie die Kausalität nicht belegen. Es bleibt denkbar, dass Profis, die während ihrer Karriere keinem Zweikampf aus dem Weg gingen, aus anderen Gründen im Alter mehr Wert auf die Behandlung einer erektilen Dysfunktion legten oder sich eher für Testosteronpräparate interessierten. Wegen der möglichen Verletzung der Hypophyse ist ein Zusammenhang jedoch biologisch plausibel und für Grashow deshalb glaubwürdig.
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