Antibiotika in der Tierhaltung stärken humanpathogene Bakterien

Neuherberg – Antibiotika, die in der Tierhaltung eingesetzt werden und über die Gülle in die Umwelt gelangen, führen dazu, dass in den Böden Krankheitserreger wachsen. Das berichten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums München. Ein neues Gesetz soll nun den Antibiotika-Einsatz in Ställen eindämmen. Weniger Antibiotika in der Tierhaltung fordert auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU).
Im Fokus der Münchner Untersuchung stand Sulfadiazin (SDZ), ein weit verbreitetes Tierantibiotikum. Die Forscher beschreiben in der neuesten Ausgabe des Fachjournals Plos One, dass schon nach dreimaligem Ausbringen kontaminierter Gülle eine deutliche Abnahme nützlicher Bodenbakterien zu verzeichnen ist, während es gleichzeitig zu einer Zunahme an potenziell humanpathogenen Mikroorganismen kommt.
„Wir haben einen Rückgang von Bakterien gefunden, die für eine gesunde Bodenbeschaffenheit charakteristisch sind. Das bedeutet einen Verlust der Fruchtbarkeit der Böden und somit auf lange Sicht einen Rückgang der Ernteerträge“, erläutert Michael Schloter, Leiter der Abteilung Umweltgenomik am Helmholtz-Zentrum München. Hinzu komme die Erkenntnis, dass die Anzahl der im Boden lebenden Mikroben, die für Menschen gesundheitsgefährdend sein können, unter den experimentellen Bedingungen zugenommen habe.
„Wir stehen in stetigen Kontakt mit diesen Mikroorganismen und entsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit, an Infektionen zu erkranken“, warnt der Wissenschaftler. Dies betreffe insbesondere Atemwegs- und Lungenerkrankungen, da die Keime durch die Luft eingeatmet würden. Eine Vielzahl der Keime sei darüber hinaus gegen gängige Antibiotika resistent, was oftmals eine Therapie erschwere. „Wir müssen daher dringend ein verändertes Bewusstsein entwickeln, was den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung betrifft“, so der Forscher.
Auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) dringt auf einen geringeren Einsatz von Antibiotika. In der Nutztierhaltung wie in der Humanmedizin seien alle Beteiligten gefordert, einen Beitrag dazu zu leisten, sagte Schmidt der Nachrichtenagentur dpa. Reduzierung sei „das wirksamste Mittel“ gegen zunehmende Antibiotika-Resistenzen.
Heute tritt eine Gesetzesänderung in Kraft, die den Antibiotika-Einsatz in Ställen stärker eindämmen soll. Kernstück ist, Daten bundesweit zusammenzuführen und zu bewerten. Bauern müssen künftig regelmäßig melden, wenn sie Antibiotika geben. Dadurch soll zu erkennen sein, wenn ein Betrieb übermäßig viel davon einsetzt. Die Überwachungsbehörden der Länder können Prüfungen und Maßnahmen anordnen, um den Einsatz zu verringern. „Von den neuen Regelungen profitieren am Ende alle: Verbraucher, Tiere, Tierhalter und Tierärzte“, sagte der Minister.
Die Grünen fordern weitergehende Maßnahmen. „Die Art der Haltung macht die Tiere krank“, sagte der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Friedrich Ostendorff, der dpa. „Wenn sich die Haltungsbedingungen und die Höhe der Besatzdichten nicht ändern, wird der Medikamenteneinsatz weiterhin so groß sein, dass daraus gesundheitliche Risiken durch Resistenzen für uns alle entstehen.“
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