Antibiotika-Kombinationen können Resistenzentwicklung beschleunigen

Exeter – Während Kombinationstherapien bei HIV-Infektionen langfristig erfolgreich sind, kommt es bei der antibakteriellen Behandlung häufig zum Therapieversagen. Der Grund ist die schnelle Resistenzentwicklung, die laut einer Studie in PLoS Biology (2013; 11: e1001540. doi:10.1371/journal.pbio.1001540) durch die gleichzeitige Gabe mehrerer Antibiotika sogar noch beschleunigt werden kann.
Das Darmbakterium E. coli ist normalerweise empfindlich auf Doxycyclin und Erythromycin. Beide Antibiotika wirken synergistisch, sie greifen das Bakterium an unterschiedlichen Stellen an. Die Wirkung der Kombination auf E. coli sollte deshalb stärker sein, als bei der Gabe der einzelnen Substanzen.
Dies war bei den in vitro-Experimenten, die Robert Beardmore von der Universität Exeter durchführte, auch der Fall - allerdings nur in den ersten 24 Stunden. Schon am zweiten Tag schlug die Situation um. Plötzlich vermehrten sich Bakterien, die beiden Antibiotika ausgesetzt waren, schneller als die Kulturen, denen jeweils nur eines der beiden Mittel zugesetzt worden war.
Nachdem die Ergebnisse mehrfach reproduziert werden konnten, suchte das Team, dem auch Wissenschaftler von der Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel angehörten, nach der Antwort. Sie sequenzierten alle 5000 Gene des Darmbakteriums. Ergebnis: Unter der Kombinationstherapie hatten die Bakterien gleich vier unterschiedliche Resistenzmechanismen entwickelt, darunter waren auch sogenannte „Efflux-Pumpen“, mit denen sich das Bakterium der Antibiotika entledigt, bevor sie ihm gefährlich werden können.
Mathematische Simulationen deckten die zugrundeliegenden evolutionären Prinzipien auf, die sich exemplarisch so erläutern lassen: Wenn zwei Antibiotika durch die gleiche „Efflux-Pumpe“ unschädlich gemacht werden und jeder der beiden Antibiotika die Entwicklung einer solchen Resistenz fördert, dann steigert die Kombinationstherapie die Geschwindigkeit, mit der es zur Entwicklung dieser Resistenz kommt. Das Motte „Viel hilft viel“ gilt auch für resistente Bakterien.
Nach Ansicht der Forscher könnte es Situationen geben, in denen ein einzelnes Antibiotikum wirksamer ist als mehrere. Eine andere Idee wäre, die einzelnen Antibiotika einer Kombination täglich zu wechseln. Ob dies auch in der Praxis funktionieren würde, kann das Team mit seinen Berechnungen natürlich nicht vorhersagen. Dies müsste in klinischen Studien untersucht werden.
Die Studie könnte allerdings die Infektiologen zur Untersuchung alternativer Strategien anregen. Die Arbeitsgruppen aus Kiel und Exeter wollen den entwickelten Versuchsansatz jetzt weiter ausbauen, um weitere Antibiotika-Kombinationen zu untersuchen. Es steht zu vermuten, dass die Evolution von Resistenzen durch unterschiedliche Kombination verschieden schnell vorangetrieben wird.
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