Antihypertonika könnten Sturzrisiko älterer Patienten erhöhen
New Haven – Die Verordnung von Antihypertensiva war in einer US-Studie unter älteren Medicare-Begünstigten mit einer erhöhten Zahl von schweren Stürzen assoziiert. Besonders gefährdet waren laut der Publikation in JAMA Internal Medicine (2014; doi: 10.1001/jamainternmed.2013.14764) Menschen, die bereits einen Sturz in der Vorgeschichte hatten.
Die Verordnung von Antihypertensiva nimmt mit dem Lebensalter zu, die Zahl der schweren Stürze ebenfalls. Ob zwischen beiden Faktoren ein Zusammenhang besteht, versuchte Mary Tinetti, leitende Geriaterin an der Yale Universität in New Haven, durch eine Analyse der Medicare Current Beneficiary Survey zu ergründen.
Die Untersuchung hatte eine Gruppe von fast 5.000 Senioren im Alter von über 70 Jahren unter anderem nach der Einnahme von Medikamenten befragt: Fast 86 Prozent der im Mittel 80 Jahre alten Versicherten nahm wenigstens ein Antihypertensivum ein. In den folgenden drei Jahren kam es bei 9 Prozent aller Senioren zu einem schweren Sturz, der eine medizinische Behandlung erforderlich machte.
Nach der adjustierten Analyse von Tinetti erhöhte eine moderate antihypertensive Therapie das Sturzrisiko um 40 Prozent (Hazard Ratio HR 1,40; 95-Prozent-Konfidenzintervall 1,03-1,90), bei einer hochdosierten Therapie war das Sturzrisiko tendenziell um 28 Prozent erhöht (HR 1,28; 0,91-1,80). Damit fehlt eine Dosis-Wirkungsbeziehung, die in Studien dieser Art ein wichtiges Argument für eine kausale Beziehung ist.
Besonders gefährdet wären nach einer weiteren Analyse Senioren, die schon einmal gestürzt sind. Tinetti ermittelte für eine moderate antihypertensive Therapie eine HR von 2,17 (0,98-4,80) und für eine hochdosierte Therapie eine HR von 2,31 (1,01-5,29).
Auch wenn die Zahlen nicht belegen, dass die Antihypertensiva die Stürze provoziert haben (es ist denkbar, dass die Verordnung von Antihypertensiva ganz einfach ein Marker für eine erhöhte Gebrechlichkeit der Senioren war), wäre ein Zusammenhang plausibel. Ein zu starker Abfall des Blutdrucks könnte Schwächeanfälle begünstigen, die Einnahme von Diuretika könnte aber auch die Patienten zu häufigerem, überhasteten Besuch der Toilette zwingen, meinen Sarah Berry und Douglas Kiel von Hebrew SeniorLife, einem der Harvard Universität angeschlossenen Anbieter von Senioreneinrichtungen.
Unabhängig vom fehlenden Kausalitätsbeweis sollten Ärzte dem Sturzrisiko ihrer betagten Patienten eine größere Aufmerksamkeit zukommen lassen, finden die beiden Editorialisten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: