Antikörper bekämpft saisonales Asthma
Madison – Der Antikörper Omalizumab kann saisonale Asthmaattacken abschwächen. Besonders erfolgversprechend scheint der Einsatz in sozialen Brennpunkten zu sein. In einer Studie im New England Journal of Medicine (2011; 364: 1005-1015) wurden vor allem die saisonalen Asthmaanfälle im Frühjahr und Herbst vermindert.
Die hohe Prävalenz von Asthmaerkrankungen in den Innenstädten hat das US-National Institute of Allergy and Infectious Diseases zur Gründung des Inner City Asthma Consortiums bewogen. Diese Gruppe hatte in einer früheren Studie die Wohnungen von 476 Kindern mit Asthma bronchiale zuhause besucht.
Die Patienten gehörten zumeist Minderheiten an (60 Prozent Afroamerikaner, 37 Prozent Hispanics) und lebten zu 30 Prozent in Haushalten unter der Armutsschwelle, was Auswirkungen auf den Zustand der Wohnungen hatte.
In vielen Haushalten fanden die Allergologen Küchenschaben, so in jedem zweiten Kinderzimmer. Das Küchenschaben-Antigen Bla g 1 stand in der Hitliste der Sensibilisierungen an erster Stelle noch vor Hausstaubmilbe (Der p 1 oder Der f 1) oder Katzenallergene (Fel d 1). In Deutschland ist Bla g 1 in der Regel von untergeordneter Bedeutung.
Alle Kinder waren schwer an Asthma erkrankt. Die meisten litten trotz Ausschöpfung der konventionellen medikamentösen Möglichkeiten regelmäßig unter Asthmaanfällen. Eine mögliche Lösung wäre vermutlich die Verbesserung der Wohnsituation in den Innenstädten gewesen.
Die “Inner-City Anti-IgE Therapy for Asthma” oder ICATA-Studie schlug einen anderen Weg ein. Die Kinder und Jugendlichen i Alter von 6 bis 20 Jahren erhielten alle zwei oder vier Wochen subkutane Injektionen. Bei der Hälfte der Kinder enthielten sie den Antikörper Omalizumab, bei der anderen Hälfte Placebo.
Der therapeutische monoklonale Antikörper bindet die krankheitsbedingten IgE-Antikörper. Omalizumab verhindert dadurch, dass es zu einer Mastzelldegranulation kommt, die Grundlage der allergischen Symptome ist. Weil vermutlich niemals alle IgE-Antikörper abgefangen werden, ist der Schutz nicht vollständig.
Omalizumab kann jedoch die Wirkung der konventionellen Asthmatherapie verstärken. Es ist deshalb als Zusatz zur Zusatztherapie (in Deutschland seit 2005 als Xolair®) zur verbesserten Asthmakontrolle zugelassen.
Auch in der US-Studie war die Therapie mit Omalizumab erfolgreich. Wie William Busse von der Universität Madison im US-Staat Wisconsin und Mitarbeiter berichten, litten die Teilnehmer im Placebo-Arm an 1,96 von 14 Tagen an Asthmasymptomen. Im Omalizumab-Armen waren es 1,48 Krankheitstage während 2 Wochen.
Dies entspricht einem Rückgang um 24,5 Prozent. Der Anteil der Patienten mit einem oder zwei Asthma-Exazerbationen ging von 48,8 Prozent auf 30,3 Prozent, also fast um ein Drittel zurück. Die Rate der Hospitalisierungen nahm von 6,3 Prozent auf 1,5 Prozent ab. Omalizumab scheint demnach vor allem die krisenhaften Situationen zu vermeiden.
Ein weiterer interessanter Aspekt besteht darin, dass sich die Wirkung auf die saisonalen Erkrankungsgipfel im Frühjahr und im Herbst konzentrierte. Der Anstieg im Herbst, der auf Erkältungen und virale Infektionen zurückzuführen ist, die Asthmaattacken triggern können, fiel vollständig aus, berichtet Busse. Er vermutet, dass Omalizumab genau da eingreift, wo Viren, Allergene und IgE interagieren.
Ein Nachteil der Therapie sind sicherlich die hohen Kosten. Sie betragen in den USA zwischen 10.000 und 30.000 US-Dollar pro Jahr. Nicht wenige Allergologen dürften sich fragen, ob das Geld nicht sinnvoller in allergenvermeidende Maßnahmen investiert werden könnte. Bei den derzeitigen Häuserpreisen könnten die Innenstadtbewohner von dem Geld bequem ein Darlehen für ein Haus in einer besseren Wohngegend bedienen.
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