App basiertes Gesundheitsangebot der TK in der Kritik

Berlin – Scharfe Kritik an einem neuen Gesundheitsangebot der Techniker Krankenkasse (TK) haben der Hartmannbund (HB) und der NAV-Virchowbund geübt. Die Krankenkasse hatte gestern ihre Pläne dargelegt, Versicherten eine Gesundheits-App namens „ADA“ anzubieten und diese nach Diagnosestellung von Ärzten im TK-eigenen Ärztezentrum zu beraten.
„Diese Form von Einmischung einer Krankenkasse in das individuelle Arzt-Patienten-Verhältnis ist für uns eine klare Grenzüberschreitung“, sagte der HB-Vorsitzende Klaus Reinhardt. Die Kommunikation zwischen Krankenkasse und Versichertem habe sich im Kern auf Fragen zu beschränken, die das bilaterale Versichertenverhältnis beträfen. „Das Gesundheitssystem gerät in Schieflage, wenn den Kollegen in der Niederlassung oder der Klinik am Ende die Rolle des Zweitmeinungs-Lieferanten bleibt. Das ist mit uns nicht zu machen“, sagte er.
Auch der NAV betonte die Bedeutung des individuellen Arzt-Patienten-Verhältnisses. „Wichtig ist, dass am Ende dieser Angebote immer ein Vertragsarzt steht. Das erwarte ich auch vom neuen Angebot der TK. Ansonsten ist das faktisch die Kündigung der Kollektivverträge und die Übernahme des Sicherstellungsauftrages durch die Krankenkassen“, sagte der Bundesvorsitzende des Verbandes, Dirk Heinrich. „Telemedizin durch kasseneigene Ärzte sehen wir sehr kritisch“, betonte er. Wenn der Kostenträger selbst behandelten, verändere sich die Versorgung zu Lasten der Patienten. „Das kann nichts werden“, so Heinrich.
Kritik kam auch von der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und der Landesärztekammer Hessen . „Wir sind beim Thema Digitalisierung sehr aufgeschlossen“, erklärt Landesärztekammer-Präsident Günther Matheis, „doch diesen Vorstoß lehnen wir rigoros ab“. Es dürfe nicht sein, dass versucht werde, telemedizinische Beratung und Behandlung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgungsstruktur zu etablieren. „Eine derartige Einmischung einer Krankenkasse in das individuelle Arzt-Patienten-Verhältnis ist für uns ein klares No-Go und auch berufsrechtlich ausgesprochen fragwürdig“, sagte er.
„Mit diesem Angebot mischt sich die TK unbotmäßig in das Arzt-Patienten-Verhältnis ein“, erklärte Edgar Pinkowski, Präsident der Landesärztekammer Hessen. Nicht Kostenträger, sondern Ärzte behandelten Patienten. Wenn Krankenkassen sich anmaßten, telemedizinische Beratung und Behandlung von kasseneigenen Ärzten durchführen zu lassen, würden die Grundlagen des Gesundheitssystems zu Lasten der Patienten in ihr Gegenteil verkehrt.
Das neue Angebot der TK sieht vor, dass eine Smartphone oder Tablet-Applikation (App) namens „ADA“ Symptome der anfragenden Patienten einordnet. Die Beschwerden des Patienten werden dabei anhand eines Fragebogens zu einer wahrscheinlichen Diagnose verarbeitet. Ein künstliche Intelligenz, die im Hintergrund läuft, soll ADA im Zeitverlauf immer besser und genauer machen.
Bei Bedarf können die Patienten nach der Arbeit mit der App per Video oder Sprachchat einen Arzt der TK kontaktieren. „Mit dem digitalen Symptomcheck und anschließendem Arzt-Chat geben wir bereits heute einen Ausblick darauf, wie Versorgung in der Zukunft aussehen kann“, sagte der TK-Chef Jens Baas vor Journalisten in Berlin.
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