Medizin

Arbeitsmedizin: Lösungsmittel können dauerhafte Hirnschäden hinterlassen

  • Mittwoch, 14. Mai 2014

Boston – Die intensive berufliche Exposition mit Lösungsmitteln hat bei Angestellten französischer Energiekonzerne kognitive Defizite hinterlassen, die in einer Studie in Neurology (2014; 82: 1716-1723) noch Jahre nach der Pensionierung nachweisbar waren.

Die GAZEL-Kohorte umfasst Angestellte der staatlichen Konzerne Electricité de France (EDF) und Gaz de France (GDF), deren Daten seit 1989 für epidemiologische Studien genutzt werden können. Für die aktuelle Studie hat Erika Sabbath von der Harvard School of Public Health in Boston die Ergebnisse von ausführlichen kognitiven Tests, die bei 2.143 ehemaligen Arbeitern erhoben wurden, mit der früheren Exposition mit Lösungsmitteln in Beziehung gesetzt.

Aufgrund der Firmenakten konnte Sabbath ermitteln, wann und in welchem Ausmaß die Beschäftigten während ihres Arbeitslebens mit Lösungsmitteln in Berührung gekommen waren: Bei jedem zweiten war eine Exposition mit Chlorkohlenwasserstoffen nachweisbar, jeweils ein Viertel war mit Benzol oder mit Lösungsmitteln auf Petroleumbasis in Berührung gekommen. Benzol wird bei der Herstellung von Plastik, Gummi, Farben, Reinigungsmitteln und anderen synthetischen Materialien verwendet.

Chlorkohlenwasserstoffe sind in Lösungen zur Trockenreinigung, Reinigungsmitteln für Motoren sowie in Farb- und Fettentfernern enthalten. Lösungsmittel auf Petroleumbasis sind Teppichklebern, Möbelpflegemitteln sowie Farben und Lacken zugesetzt.

Obwohl die Arbeiter im Durchschnitt seit zehn Jahren im Ruhestand waren und die letzte Exposition häufig bereits Jahrzehnte länger zurücklag, konnte Sabbath Auswirkungen nachweisen: So hatten Arbeiter, die Chlorkohlenwasserstoffen exponiert waren, zu 18 Prozent häufiger Einschränkungen in der Mini-Mental State Examination (MMSE), die in der Klinik zur Demenzdiagnose benutzt wird.

Defizite im Zahlen-Symbol-Test (misst die Wahrnehmungsgeschwindigkeit) wurden zu 54 Prozent häufiger gefunden, die semantischen Fähigkeiten war zu 33 Prozent häufiger eingeschränkt und im Trail Making Test B waren die exponierten Arbeiter zu 49 Prozent häufiger zu langsam.

Arbeiter, die in den letzten 12 bis 30 Jahren stark Lösungsmitteln ausgesetzt waren, zeigten laut Sabbath in allen Tests Defizite, die Auswirkungen waren aber selbst dann noch nachweisbar, wenn die Exposition bereits 50 Jahre zurück lag. Die Ergebnisse unterstreichen nach Ansicht der Forscherin, wie wichtig es ist, die Exposition am Arbeitsplatz zu vermindern. Sie rät dazu, die Arbeiter regelmäßig zu untersuchen, um Schäden frühzeitig zu erkennen.

rme

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