Arthritis: Mehr Menschen unter 65 Jahren betroffen, als bisher vermutet
Boston – Die Prävalenz von Arthritis könnte höher sein, als bisher vermutet. Laut einer Erhebung von Forschern der Boston University School of Medicine ist vor allem bei der jüngeren Generation unter 65 Jahren eine hohe Dunkelziffer zu erwarten. Die Abweichung führen sie auf eine ungenaue Messmethodtik zurück. Ihre neuen Zahlen publizieren sie in Arthritis & Rheumatology (2017; doi: 10.1002/art.40355).
Die Forscher um Reza Jafarzadeh erhoben ihre Daten auf Basis des National Health Interview Survey (NHIS) 2015. Dabei bezogen sie sich auf die Arztdiagnose und chronische Gelenksymptome, sowie die Tatsache, ob die Symptome bereits länger als drei Monate anhielten. Dabei umfasst der Begriff Arthritis ein breites Krankheitsspektrum, was die degenerative Osteoarthritis (Arthrose) sowie die entzündliche rheumatoide Arthitis nach Definition des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) einschließt.
Von mehr als 33.000 Teilnehmern berichteten 19,3 Prozent der Männer und 16,7 Prozent der Frauen zwischen 18 und 64 Jahren über Symptome an den Gelenken, ohne, dass eine Arthritisdiagnose des Arztes vorlag. Bei den Teilnehmern über 65 Jahren gaben 15,7 und 13,5 Prozent diese Symptome an. Die Arthritisprävalenz lag bei Männern zwischen 18 und 64 Jahren bei fast 30 Prozent und bei Frauen dieses Alters bei gut 31 Prozent. Im Alter von über 65 stieg sie auf 55,8 und 68,7 Prozent.
Die Zahlen lagen somit fast 70 Prozent über den bisher berichteten Arthritisprävalenzen. Diese gingen noch 2015 von 36,8 Prozent Betroffenen aus. Laut CDC variiert die Anteil der erwachsenen Arthritispatienten regional zwischen 17,2 (Hawai) und 33,6 Prozent (West Virginia). Von 91,2 Millionen US-Bürgern mit Arthritis waren 61,1 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren alt.
Fehlerbehaftete Messmethoden in den USA und in Deutschland
Die bisherige Messmethode müsste korrigiert werden, fordert Jafarzadeh. Sie beruht auf einer einzigen Frage, ob sich die Teilnehmer daran erinnern, dass ein Arzt ihnen mitgeteilt habe, dass sie an Arthritis leiden.
Auch in Deutschland wurden kürzlich vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) Zahlen vorgelegt, die für eine kontinuierlich steigende Krankheitshäufigkeit der rheumatoiden Arthritis sprechen.
Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) weist jedoch darauf hin, dass die Gründe für ein solches Ergebnis vielfältig sein können. Zweifelsohne sei bei zunehmend guten Behandlungsmöglichkeiten auch der Behandlungsbedarf gestiegen. „Wir wissen jedoch nicht, ob der beobachtete Anstieg auf eine tatsächliche Zunahme der Krankheit zurückgeht“, beurteilt Angela Zink vom Deutschen Rheuma-Forschungszentrum in Berlin die Ergebnisse.
Dies könne ebenso an einem veränderten Codierverhalten der Ärzte liegen, die bei der Abrechnung mit den Krankenkassen bestimmte Ziffern für bestimmte Diagnosen angeben. „Abrechnungsdiagnosen unterliegen grundsätzlich vielfältigen Einflussfaktoren“, so Zink. Schon die Tatsache, dass Rheuma früher erkannt wird, oder eine höhere Lebenserwartung dank besserer Therapien könne zu einem Anstieg der Zahl der Behandelten führen.
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