Atemwegsinfektionen: Verzögerte Verordnung mindert Antibiotikaverbrauch

Barcelona – Der häufig unnötige Antibiotikaeinsatz bei unkomplizierten oberen Atemwegsinfektionen kann deutlich gesenkt werden, wenn die Patienten instruiert werden, das Rezept nur bei einer Verschlechterung einzusetzen, oder wenn ihnen das Rezept erst nach drei Tagen in der Praxis überreicht wird. Dies kam in einer pragmatischen randomisierten Studie in JAMA Intern Medicine (2015; doi: 10.1001/jamainternmed.2015.7088) heraus.
Antibiotika sind bei unkomplizierten oberen Atemwegsinfektionen meistens unnötig, doch wenn ein Patient die Praxis mit einem Rezept verlässt, nimmt er die Medikamente in der Regel auch ein. Dies war auch in der Studie der Fall, die ein Forscherteam um Pablo Alonso-Coello vom Iberoamerican Cochrane Center in Barcelona in spanischen Allgemeinarztpraxen machten.
Die 398 Teilnehmer der Studie litten unter einer akuten Pharyngitis, einer Rhinosinusitis, einer akuten Bronchitis oder einer Exazerbation einer leichten bis mittelschweren chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD). Ein Viertel der Patienten erhielt von den Ärzten ein Antibiotika-Rezept: 91 Prozent nahmen die Antibiotika ein. Nach 3,6 Tagen hatten sich ihre Beschwerden gebessert.
In der zweiten Gruppe erhielten die Patienten ebenfalls ein Rezept. Sie wurden aber instruiert, es erst einzulösen, wenn sich die Beschwerden nach 5 Tagen (im Fall einer Pharyngitis) oder nach zehn Tagen (bei den anderen Infektionen) nicht gebessert hatten. Hier nahmen 32 Prozent die Antibiotika ein. Die Beschwerden in dieser Gruppe besserten sich nach durchschnittlich drei Tagen.
In der dritten Gruppe erhielten die Patienten zunächst kein Rezept. Sie konnten es aber nach drei Tagen in der Praxis abholen. In dieser Gruppe nahmen 23 Prozent Antibiotika ein. Die Dauer der Beschwerden war wie in der zweiten Gruppe im Durchschnitt 3 Tage.
In der vierten Gruppe erhielten die Patienten erst ein Rezept, wenn sie sich wegen ihrer Beschwerden erneut beim Arzt vorgestellt hatten: Nur 12,1 Prozent der Patienten nahm Antibiotika ein und die Beschwerden dauerten im Durchschnitt 4,7 Tage.
Wie Alonso-Coello berichtet, waren die Patienten, denen eine sofortige Antibiotika-Therapie „verweigert“ wurde, keineswegs unzufriedener. Die Strategie erzielte sogar eine gewisse „erzieherische“ Wirkung. Die Patienten waren deutlich häufiger der Ansicht, dass die Antibiotika, die ihnen der Arzt nicht oder nicht gleich verschrieben hatte, ohnehin keine Wirkung erzielt hätten.
Zu ähnlichen Ergebnissen war vor zwei Jahren eine Meta-Analyse der Cochrane-Collaboration gekommen. Amanda McCullough und Paul Glasziou von der Bond Universität in Robina bei Brisbane betrachten die verzögerte Verordnung von Rezepten im Editorial als ein Mittel, die unnötige Verordnung von Antibiotika einzuschränken und damit einen Beitrag zur Vorbeugung von Antibiotika-Resistenzen zu leisten.
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