Augenärzte warnen vor sogenannter Irisdiagnostik
Berlin – Die Deutung von Farbe, Flecken oder Furchen an der Iris ist für die Diagnose von Organschwächen, Rheuma oder Stoffwechselproblemen ungeeignet. Die sogenannte Iridologie, die zu den alternativen Diagnoseverfahren zählt und an der Regenbogenhaut des Auges Erkrankungen erkennen und sogar vorhersagen will, ist aus medizinisch-wissenschaftlicher Sicht unhaltbar. Das betont die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG).
Änderungen der Struktur in Form von Furchen, Streifen, Farbe oder Flecken auf der Iris besitzen laut der Fachgesellschaft keine medizinische Aussagekraft. Davon gehe die Iridologie jedoch aus. „Bis heute gibt es für die Irisdiagnostik keine anatomische oder physiologische Evidenz“, erläutert der DOG-Experte Martin Rohrbach von der Universitäts-Augenklinik Tübingen. Die Irisdiagnostik sei daher medizinisch sinnlos. Bei den „Irisflecken“ etwa handle es sich um harmlose Ansammlungen von Pigmentzellen. „Die bräunlichen Punkte hat fast jeder im Auge“, so Rohrbach.
Dementsprechend konnten die Thesen der Iridologie laut der Fachgesellschaft noch in keinem einzigen Fall wissenschaftlich bestätigt werden. „Egal, ob es sich um Karzinome des Magen-Darm-Traktes handelte oder Gallenblasenleiden: Die Irisdiagnostik kam über die reine Ratewahrscheinlichkeit nicht hinaus“, erläutert Rohrbach.
Iridologen, die weit überwiegend als Heilpraktiker tätig sind, vertreten die Anschauung, dass der gesamte Körper mit der Iris nerval verbunden ist. Alle Teile des menschlichen Körpers sollen demnach in Form von „Organfeldern“ repräsentiert sein – die rechte Körperhälfte in der rechten Iris, die linke in der linken Iris, die obere Körperhälfte in den oberen und die untere in den unteren Regenbogenhauthälften. An Änderungen der Struktur könnten zurückliegende, aktuelle und künftige Erkrankungen abgelesen werden. „Derzeit sind in Deutschland etwa 45.000 Heilpraktiker tätig, von denen schätzungsweise 5.000 bis 8.000 iridologisch tätig sein dürften“, umreißt die DOG.
Die Fachgesellschaft weist darauf hin, dass aber einige wenige krankhafte Veränderungen der Regenbogenhaut tatsächlich auf Systemerkrankungen hindeuten. „Das angeborene Fehlen der Iris etwa kann auf einen Nierentumor hinweisen, Knötchen an der Iris auf eine Trisomie 21, die Tumorerkrankung Neurofibromatose oder die entzündliche Gewebserkrankung Sarkoidose“, erläutert Nicole Eter, Präsidentin der DOG und Direktorin der Universitäts-Augenklinik Münster. Zudem können sich bösartige Tumoren der Lunge oder der Brustdrüse an der Iris absiedeln.
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