Medizin

Ballaststoffe könnten Leben nach Herzinfarkt verlängern

  • Mittwoch, 30. April 2014
Uploaded: 30.04.2014 16:28:08 by mis
dpa

Boston – Wer einen Herzinfarkt überlebt hat, sollte vielleicht auf eine gesündere Ernäh­rung achten. US-Epidemiologen empfehlen eine ballaststoffreiche Kost, die in zwei prospektiven Kohorten im Britischen Ärzteblatt (2014; 348: g2659) mit einem signifikant verminderten Sterberisiko assoziiert war.

Seit der russische Wissenschaftler Alexander Ignatowski 1908 bei Hasen durch eine nicht gerade artgerechte Kost aus Milch und Eigelb eine Arteriosklerose verursachte, gelten Ernährungsfehler als mögliche Ursache der koronaren Herzkrankheit. Im Mittelpunkt standen lange Fette und Cholesterin.

Da die moderne hyperkalorische Kost mit rasch aufschließbaren Kohlenhydraten Adipositas und Diabetes fördert, die wiederum als wichtige Risikofaktoren für den Herzinfarkt gelten, sind die pflanzlichen Fasern zum Thema geworden. Eine ballast­stoffreiche Kost macht rascher satt und damit weniger dick, was einen günstigen Einfluss auf die Entwicklung der koronaren Herzkrankheit haben könnte.

Patienten, die bereits einen Herzinfarkt erlitten haben, gelten als besonders motiviert, ihre Ernährung umzustellen. Doch die einzige klinische Studie, der Diet and Reinfarction Trial (DART), die dies experimentell untersucht hat, konnte für eine faserreiche Kost keinen Vorteil zeigen. Im Gegenteil: Teilnehmer, denen zu einer faserreichen Kost geraten wurde, hatten sogar ein leicht erhöhtes Risiko, in den folgenden zwei Jahren zu sterben (Lancet 1989; 334: 757-761).

Doch seit der DART-Studie sind mehr als zwei Jahrzehnte vergangen, und ihre Aussagekraft ist infolge der kurzen Nachbeobachtungszeit und der schlechten Compliance mit den Ernährungsempfehlungen nach Ansicht von Shanshan Li von der Harvard School of Public Health in Boston und Mitarbeitern gering.

Mangels weiterer experimenteller Studien greifen die Autoren deshalb auf die Auswertung von prospektiven Beobachtungsstudien zurück, die den Zusammenhang zwischen Ernährung und Mortalität an größeren Kohorten und über einen längeren Zeitraum untersucht haben.

Eine wichtige Quelle sind die von der Harvard Universität betreute Nurses' Health Study mit 121.700 Krankenschwestern und die Health Professional Follow-up Study mit 51.529 männlichen Gesundheitsberuflern, die regelmäßig Fragebögen zu ihrer Lebensführung ausfüllen und den Forschern einen Einblick in die Krankenakten genehmigen.

Li wertete für ihre Studie die Daten von 2.258 Frauen und 1.840 Männern aus, die einen ersten Herzinfarkt überlebt hatten. In den folgenden neun Jahren starben 682 der weiblichen und 451 der männlichen Teilnehmer, davon 336 beziehungsweise 222 an einem Herzinfarkt oder anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Darunter waren den Berechnungen Lis zufolge vor allem Männer und Frauen, die sich ballaststoffarm ernährt hatten. Für die Teilnehmer im obersten Fünftel der Ballaststoff­zufuhr ermittelte Li ein um 25 Prozent vermindertes Sterberisiko (Hazard Ratio 0,75, 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,58 bis 0,97). Es wäre vielleicht stärker ausgefallen, wenn die US-Amerikaner mehr Obst und Gemüse essen würden.

Es erreichen jedoch weniger als 5 Prozent der US-Amerikaner die von Ernährungs­wissenschaftlern empfohlene Menge von 25 Gramm am Tag bei Frauen und 38 Gramm am Tag für Männer. Für viele sind zudem die Frühstückszerealien die einzige Quelle, und Li konnte nur für diese eine signifikante Assoziation ermitteln, nicht aber für Obst und Gemüse, die in der Kost der US-Amerikaner eher dekorative Zwecke haben.

Den größten Gewinn hatten Teilnehmer, die den Herzinfarkt tatsächlich zum Anlass genommen hatten, den Verzehr von Ballaststoffen zu erhöhen. In dieser Gruppe wurde die Mortalität um fast ein Drittel gesenkt (Hazard Ratio 0,69; 0,55-0,87). Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl und den detaillierten Befragungen konnte Li eine Reihe von anderen Lebensstilfaktoren und medizinischen Diagnosen als Ursache ausschließen, eine sichere Evidenzbasis bilden prospektive Beobachtungsstudien jedoch niemals.

rme

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