Befristung von Verträgen: Reform laut Marburger Bund nicht ausreichend

Berlin – Die von der Bundesregierung geplanten Reformen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) reichen aus Sicht des Marburger Bundes (MB) nicht aus, um dem Missstand kurzer Befristungen bei ärztlichen Arbeitsverhältnissen in Universitätskliniken zu begegnen. Das erklärte der MB in einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf.
Die Erfahrung zeige, dass das WissZeitVG im medizinischen Bereich in erster Linie genutzt werde, um Ärztinnen und Ärzte, die an ihrer Universitätsklinik nicht überwiegend wissenschaftlich arbeiten, sondern in der Krankenversorgung, länger in befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen, anstatt sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu entfristen.
Der MB hatte – wie auch der Bundesrat – bereits bei der letzten Novellierung im Jahr 2015 gefordert, die ursprünglich aus dem Hochschulrahmengesetz übernommene Tarifsperre aufzuheben. Die erlaubt es den zuständigen Gewerkschaften nicht, mit den Arbeitgebern eigene Tarifregelungen zu verhandeln.
„Erneut wird dieser Forderung nicht vollständig nachgekommen, sondern nur die bestehende Ausnahmeregelung erweitert, um den Tarifvertragsparteien mehr Mitbestimmung bei den befristungsrechtlichen Rahmenbedingungen zu ermöglichen“, schreibt der MB nun in seiner Stellungnahme.
Darüberhinausgehende Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen sollen demnach weiterhin ausgeschlossen sein. Aus Sicht des MB ist das weder ausreichend noch zielführend. So könnten insbesondere Berufsgruppengewerkschaften wie der Marburger Bund für ihre Mitglieder passgenaue Lösungen entwickeln und wesentlich flexibler und schneller reagieren als der Gesetzgeber.
Dabei enthalte der Gesetzentwurf aber auch Schritte in die richtige Richtung, die geeignet seien, Unsicherheiten über die berufliche Zukunft etwas besser einzugrenzen. So plant die Bundesregierung unter anderem eine Verkürzung der Höchstbefristungsdauer bei zeitgleicher Verankerung von Mindestvertragslaufzeiten von drei beziehungsweise zwei Jahren für Erstverträge in Qualifizierungsphasen vor und nach der Promotion.
Der MB betont zudem, dass zu beobachten sei, wie bei denjenigen Ärzten, die sich tatsächlich wissenschaftlich über die Promotion hinaus qualifizieren und die man halten möchte, oft eine frühzeitige Entfristung praktiziert werde.
„Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass Befristungen auch als Druckmittel gegenüber hauptsächlich in der Patientenversorgung tätigen Ärztinnen und Ärzten – und hier insbesondere Teilzeitbeschäftigten – genutzt werden und zudem ausschließlich die Flexibilität der Arbeitgeber gewährleisten“, erklärte die Gewerkschaft.
Der Zeitraum, in dem eine Aneinanderreihung befristeter Beschäftigungsverhältnisse gesetzlich ermöglicht wird, müsse deshalb so kurz wie möglich gehalten werden. So sollte die Befristung von Arbeitsverträgen, bei denen zum Zweck der Weiterbildung eingestellt wird, auf Grundlage des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG) erfolgen und nicht auf Grundlage des WissZeitVG.
Denn Ärztinnen und Ärzte seien zwar auch wissenschaftlich tätig. Allerdings oblägen ihnen neben Aufgaben in der Krankenversorgung auch solche in Forschung und Lehre. Prägend für die erste berufliche Tätigkeit in der Universitätsklinik, nach Abschluss des Studiums, sei jedoch in der Regel nicht die Promotion, sondern die Facharztweiterbildung.
Das habe die Evaluation des WissZeitVG in den Universitätskliniken ergeben und es decke sich mit den Ergebnissen einer Umfrage der Marburger Bund Zeitung zu Befristungsbedingungen von 2015.
Bereits damals hatte der MB eine Klarstellung durch den Gesetzgeber in dem Sinne gefordert, dass die Facharztweiterbildung keine Qualifizierung im Sinne des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes darstellt und während der Zeit der Weiterbildung die Regelungen des ÄArbVtrG für die Befristung einschlägig sind.
Mit der Novellierung des WissZeitVG will das federführende Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach eigener Darstellung die individuelle wissenschaftliche Qualifizierung noch stärker als bisher in den Mittelpunkt der gesetzlichen Regelungen stellen.
Zentrales Vorhaben des Gesetzentwurfs ist die Einführung einer regelmäßigen Mindestvertragslaufzeit von drei Jahren für Erstverträge in Qualifizierungsphasen vor der Promotion. In der Phase nach abgeschlossener Promotion sollen Erstverträge dann eine Mindestlaufzeit von zwei Jahren haben. Nur in begründeten Ausnahmefällen sollen dann kürzere Verträge möglich sein.
Für die zulässige Höchstbefristungsdauer zur Qualifizierung in der Phase nach der Promotion soll auf vier Jahre gesenkt werden. „Möglichst frühzeitig, aber spätestens nach vier Jahren Qualifizierungsbefristung soll sich damit in der Regel entscheiden, ob Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine Perspektive auf eine dauerhafte Beschäftigung in der Wissenschaft haben“, heißt es dazu im Gesetzentwurf.
Eine weitere Befristung soll dann für höchstens zwei Jahre unter der Voraussetzung zulässig sein, dass eine Zusage für die anschließende Übernahme in ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis, also eine Anschlusszusage, für den Fall gegeben wird, dass zwischen Einrichtung und Beschäftigten vorher vereinbarte wissenschaftliche Ziele erreicht werden.
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