Ausland

Belgischer Sexualstraftäter erhält Recht auf Sterbehilfe

  • Dienstag, 16. September 2014

Brüssel – Ein belgischer Sexualstraftäter hat das Recht auf Sterbehilfe erhalten, um seinen „unerträglichen psychischen Qualen“ in der Haft ein Ende zu setzen. Der 52-Jährige, der wegen mehrfacher Vergewaltigung und Mordes seit 30 Jahren im Gefängnis sitzt, erfülle die rechtlichen Voraussetzungen, sagte sein Anwalt Jos Vander Velpen gestern im belgischen Fernsehen. Das Justizministerium bestätigte, dass der Mann in einem Krankenhaus seinem Leben ein Ende setzen dürfe.

Der Anwalt sagte, sein Mandant werde in wenigen Tagen aus dem Gefängnis in Brügge in ein Krankenhaus verlegt, wo er sterben solle. Mehrere Ärzte und Psychiater hätten bestätigt, dass sein Mandant „dauerhaft leidet und es nichts gibt, das seine Leiden lindern könnte“.

Der verurteilte Straftäter betrachtet sich selbst als Gefahr für die Gesellschaft und will daher nicht freigelassen werden. Zugleich bezeichnet er seine Haftbedingungen aber als unmenschlich und beantragte aufgrund seiner „unerträglichen psychischen Qualen“ gemäß einem Gesetz aus dem Jahr 2002, in einer niederländischen Spezialklinik behandelt zu werden oder Sterbehilfe in Anspruch zu nehmen.

Die Justiz entschied jedoch vor einigen Monaten, dass er nicht in die Niederlande gebracht werden könne. In Belgien gibt es bisher keine entsprechende Spezialklinik. Allerdings wurde der Mann kürzlich darüber informiert, dass vor Jahresende eine neue psychiatrische Einrichtung nahe der Stadt Gent eröffnen werde, wo er behandelt werden könne, verlautete aus informierter Quelle.

Der Häftling entschied jedoch, dass er in ein Krankenhaus verlegt werden will. Dort will er 48 Stunden mit seinen Angehörigen verbringen, bevor er mit ärztlicher Hilfe aus dem Leben scheidet. „Ich bin ein Mensch, und was auch immer ich getan habe, ich bleibe ein Mensch“, hatte der Häftling selbst vor einiger Zeit im Fernsehsender VRT gesagt.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz reagierte mit Unverständnis auf die Entscheidung der belgischen Behörden. „Es gibt keine objektiven Kriterien für ein Recht auf Tötung“, erklärte heute Vorstand Eugen Brysch. „Wird ein Anspruch auf Tötung legalisiert, schafft dieses Angebot immer mehr Nachfrage.“

Der Fall des Belgiers zeige, was passiere, wenn der Staat keine ausreichenden Therapieangebote bereitstelle. „Dann wird nicht die Hilfe zum Leben, sondern der Weg in den Tod organisiert“, mahnte Brysch. Dies müsse auch bei der Debatte in Deutschland berücksichtigt werden.

Im vergangenen Jahr nahmen in Belgien 1.807 Menschen Sterbehilfe in Anspruch. Das waren 27 Prozent mehr als im Jahr 2012 und ein neuer Rekord seit der Legalisierung der Sterbehilfe im Jahr 2002.

afp

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