Berliner Hotline für einsame Senioren startet durch

Berlin – Die Berliner Senioren-Hotline „Silbernetz“ will ihren Service nach dem Testlauf an den Weihnachtstagen des vergangenen Jahres im kommenden Herbst ausbauen. Ab dem 24. September sei das Telefon zwischen 8 Uhr morgens und 20 Uhr abends geschaltet, kündigte Initiatorin Elke Schilling an.
Möglich wird das neue Angebot ab September durch eine Sponsorin, die Silbernetz ein Ladenlokal im Berliner Stadtteil Wedding mietfrei zur Verfügung stellt. Ausbauen müssen die Initiatoren die Räume aber auf eigene Kosten. Ferner habe die Arbeitsagentur die Lohnkosten für fünf ältere und schwerbehinderte Menschen übernommen, die im Moment in Gesprächsführung für die Hotline geschult werden, sagte Schilling. Die Mitarbeiter seien zum Beispiel sehbehindert.
Schilling rechnet dennoch mit zusätzlichen 5.000 Euro oder mehr Kosten pro Monat, vor allem durch die Schaltung der kostenlosen Hotline. Sie müssen durch Spenden gedeckt werden. Eine angedachte Unterstützung durch Callcenter habe sich leider zerschlagen, weil sich die Unternehmen nicht langfristig binden wollten, erläuterte die Silbernetz-Initiatorin. Ob dauerhaft genug Spenden für ein ständiges Angebot fließen, müsse sich zeigen. Sachspenden seien im Moment auch sehr willkommen – zum Beispiel Arbeitsleuchten und ein datenschutzsicherer Schredder.
Silbernetz, das sich vor allem durch Spenden finanziert, will den Dienst erst einmal bis Ende des Jahres anbieten. Die gesammelten Erfahrungen und die Finanzen entschieden dann über die Zukunft, ergänzte Schilling.
Träger von Silbernetz ist der Humanistische Verband Deutschland. Die Hotline versteht sich als Ansprechpartner für isoliert lebende ältere Menschen in Berlin. Sie soll für Senioren da sein, die nicht beim Krisendienst und der Telefonseelsorge anrufen möchten. Denn ihr Problem ist Einsamkeit.
„Das ist keine Krise, sondern ein Dauerzustand“, berichtet Schilling. „Die Menschen haben einfach niemanden zum Reden.“ Zu 60 Prozent hätten sich in der Testphase Frauen gemeldet, aber auch erstaunlich viele Männer. Die Ältesten waren über 90 Jahre alt, es gab aber auch Anrufer unter 60. Manche Gespräche dauerten über eine Stunde. Die Idee einer Seniorenhotline stammt aus Großbritannien und ist dort sehr erfolgreich.
„Es geht nicht nur ums Telefonieren“, betonte Schilling. „Wir wollen Anrufer auf Angebote für Senioren in ihrem Kiez aufmerksam machen. Oft kennen sie die gar nicht.“ Die Einsamkeit in den eigenen vier Wänden solle durchbrochen werden. Es gehe um persönliche Gespräche, Ermutigung und Unterstützung. Einen „Freundschaftsdienst“ soll es auch geben. Dann rufen Silbernetz-Mitarbeiter regelmäßig Senioren an, die sich das wünschen.
Silbernetz schätzt, dass in Deutschland rund acht Millionen Menschen im Alter zwischen 60 und 99 Jahren zumindest zeitweise davon betroffen sind. Jedes Jahr sterben in der Hauptstadt Senioren völlig unbemerkt in ihren Wohnungen.
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