Bildschirmzeit begünstigt dosisabhängig die Entstehung von Myopie

Jeju-si – Die Prävalenz der Myopie nimmt weltweit zu und Prognosen gehen davon aus, dass im Jahr 2050 fast die Hälfte der Weltbevölkerung von der Kurzsichtigkeit betroffen sein wird. In einem systematischen Review und Metaanalyse in JAMA Network Open konnten Forschende aus Südkorea jetzt einen Dosis-Wirkungseffekt der Bildschirmzeit nachweisen (2025; DOI:10.1001/jamanetworkopen.2024.60026).
Naharbeit gilt bei dem Refraktionsfehler als ein wichtiger pathogenetischer Faktor – auch Naharbeit an digitalen Geräten wie Tablet, Laptop und Smartphone. Meist beginnt die Myopie in der Kindheit oder im frühen Teenageralter. Sie geht bei höherer Ausprägung mit beträchtlichen Komplikationen, vor allem an der Netzhaut, einher.
Die Analyse, die 45 Studien mit einer Gesamtpopulation von 335.524 Personen eines Durchschnittsalters von 9,3 Jahren inkludiert hat, konnte zeigen: Mit jeder zusätzlichen vor einem Bildschirm oder Display verbrachten Stunde steigt das Risiko einer Myopie (Odds Ratio [OR]: 1,21, 95-%-Konfidenzintervall 1,13-1,30).
Bei der Berechnung von spezifischen Ergebnissen – jeweils für Ein-Stunden-Inkremente – zeigte die Bildschirmzeit durchweg einen Zusammenhang mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit sowohl für Myopieprävalenz (OR 1,19; 95-%-KI 1,10-1,28) als auch für Myopieprogression (OR 1,54; 95-%-KI 1,01-2,36).
In der nach dem Alter der Teilnehmenden geschichteten Subgruppenanalyse wurde ein signifikanter Zusammenhang in allen Alterskategorien beobachtet: Am deutlichsten war der Zusammenhang bei Kindern von 2 bis 7 Jahren mit einer Odds Ratio von 1,42 (95-%-KI 1,12-1,78).
Im Alter von 8 bis 18 Jahren lag das Chancenverhältnis bei 1,12 (95-%-KI 1,07-1,18) ähnlich hoch wie bei jungen Erwachsenen von 19 Jahren und älter (OR 1,16, 95-%-KI 1,02-1,32).
Darüber hinaus ergab eine nach Studienland geschichtete Subgruppenanalyse signifikante dosisabhängige Assoziationen sowohl in asiatischen Ländern (OR 1,17, 95-%-KI 1,10-1,25) als auch in Ländern außerhalb Asiens (OR 1,26, 95-%-KI, 1,06-1,51).
Mehr als eine Stunde Bildschirm erhöht Myopierisiko
Insgesamt zeigt sich, dass die Wahrscheinlichkeit, kurzsichtig zu werden, praktisch mit einer Bildschirmzeit von mehr als einer Stunde pro Tag signifikant ansteigt; ab mehr als etwa 4 Stunden pro Tag verlangsamt sich die Zunahme des Progressionsrisikos.
Während frühere Studien zu der Thematik entweder keinen dosisabhängigen Zusammenhang oder eine Myopisierung nicht mit allen Gerätetypen assoziiert fanden, umfasst die neue Analyse alle Devices.
Die Autorinnen und Autoren mahnen indes: „Bei der Interpretation der Ergebnisse ist es wichtig zu beachten, dass wir die Wahrscheinlichkeit der Kurzsichtigkeit in Verbindung mit Bildschirmzeit unabhängig von anderen Aktivitäten im Nahbereich, wie zum Beispiel Lesen oder Schreiben, untersucht haben. Es ist wahrscheinlich, dass die Nutzung digitaler Bildschirme und andere Tätigkeiten im Nahbereich gemeinsam zum Myopierisiko beitragen.“
Daher sei die genannte Sicherheitsschwelle von einer Stunde täglicher Bildschirmzeit mit Vorsicht zu betrachten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Tatsache, dass Myopie in vielen asiatischen Regionen bereits vor der weit verbreiteten Nutzung digitaler Geräte sehr prävalent war.
Dies lege nahe, dass eine Reduzierung der Bildschirmzeit zugunsten traditioneller Aktivitäten im Nahbereich möglicherweise keine wirksame Präventionsstrategie darstellt.
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