Bis die Kasse klingelt
„Ladydoc, du weißt nicht, wofür du Geld ausgeben kannst“, lachte mein Kollege neulich, während er mit seiner Burberry Tasche winkte und sich an die Dolce & Gabbana Brille tippte. Wir saßen beim Mittagessen und unterhielten uns über „Locum“ Jobs. Locums sind Vertretungsärzte, deren Aufwand ganz gut bezahlt wird (als Beispiel: für „Core Trainees“ gibt es in unserem „Trust“ knapp 240 Euro nach Abzug der Steuern für eine 12 h Schicht). Heute scheint ja eher ein Phänomen vergangener Zeiten, als deutsche Ärzte sich übers Wochenende ins Königreich aufmachten, um dort ein paar Stunden zu klotzen.
Zumindest ist mir noch kein solches Exemplar hier begegnet. Gehört hatte ich zum ersten Mal als Studentin davon, als die Zeitungen groß berichteten, wie ein deutscher Allgemeinmediziner während eines Locum Jobs in England versehentlich einen Patienten mit Opiaten überdosierte. Der Patient verstarb. Damals hat mir das ganz schön Respekt eingeflößt und gewissermaßen habe ich den bis heute nicht verloren.
Mit einer Einarbeitung etwas länger irgendwo zu vertreten, ist natürlich kein Problem, aber ich rede von Einzelschichten an völlig unbekannten Lokalitäten. Neue Computersysteme, neue Telefonnummern, unbekanntes Personal. So oft wie ich mich hier in meiner ersten Nachtschicht verlaufen habe (um es anschaulicher zu machen: vom Psychiater Büro waren es gut 10 Minuten Fußweg über etliche Gänge und Abbiegungen hinweg bis in die Notaufnahme), während das Telefon pausenlos klingelte, möchte ich mir auch den Stress zusätzlich zum Vollzeitjob nicht mehr antun. Mein Kollege hingegen schon.
Er ist schon in den verschiedensten Krankenhäusern der Umgebung gewesen und weiß mittlerweile, wo es „ruhiger“ ist, so dass er etwas gezielter auswählen kann. Allein aus unserem „Trust“ kommen mehrmals wöchentlich Angebote, einzelne Dienste zu vertreten. Zusätzlich hat sich mein Kollege auch bei einer Vermittlungsagentur registriert, die praktisch täglich landesweite Angebote schickt. „Theoretisch“, so erklärte er mir, „kann man 24 Stunden durcharbeiten.“
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