Blasenkrebs: Neuer Urinmarker sagt Rezidiv auch für Low-grade-Tumore vorher
Lyon – Der Verlauf eines Urothelkarzinoms lässt sich derzeit mit Tumormarkern im Urin nicht ausreichend spezifisch darstellen. Leitlinien empfehlen ausschließlich zytologische Untersuchungen. Französische Forscher vom Centre Hospitalier Lyon Sud haben einen Urinmarker gefunden, der mit einer Spezifität von fast 90 Prozent und einer Sensitivität von 80 Prozent vorhersagen konnte, ob sich Krebszellen nach einer transurethralen Resektion des Blasengewebes (TUR-B) erneut ausbreiten würden. Ihre Ergebnisse wurden im British Journal of Cancer publiziert (2017; doi: 10.1038/bjc.2017.210).
Bisher sind fünf kommerzielle Verfahren basierend auf Markern zugelassen, die molekulare Bestandteile im Urin nachweisen, die gehäuft bei Patienten mit Harnblasenkarzinomen vorkommen: NMP22®, BTA, Stat®/BTA, TRAK® und UBC®. Zwar seien zahlreiche andere Verfahren beschrieben. Die Literatur zu Urinmarkern sei qualitativ jedoch sehr heterogen und folge bislang kaum standardisierten Kriterien, heißt es in der Leitlinie zum Harnblasenkarzinom, die erst im November 2016 aktualisiert wurde.
Erschwerte Diagnose bei Low-grade-Tumore unter dem Mikroskop
Die empfohlene zytologische Untersuchung ermöglicht es Ärzten, High-grade-Blasenkarzinome mit einer hohen Spezifität und Sensitivität von mehr als 90 Prozent zu bewerten. Im Gegensatz zu den Low-grade Karzinomen wachsen die Zellen der High-grade-Tumore aggressiver. Sie sind schlecht differenziert und unterscheiden sich deutlich vom gesunden Gewebe. Bezieht man alle Arten von Blasenkarzinomzellen mit ein, sinkt die Sensitivität und Spezifität der zyotologischen Diagnose auf 22 bis 62 Prozent. Der neue Test zeigt hingegen keine Schwankungen verursacht durch Low-grade-Tumoren.
Die Forscher um Françoise haben fast 350 Patienten mit Blasenkrebs und 167 Kontroll-Patienten auf Mutationen im Promoter der Telomerase reverse Transkriptase (TERT) untersucht. Bei 275 Patienten hatten sich die Tumorzellen noch nicht im Muskelgewebe ausgebreitet, (Non-Muscle-Invasive Bladder Cancer, NMIBC). Bei 61 Patienten waren Krebszellen im Muskelgewebe nachweisbar, bei weiteren zwölf Patienten lag der Befund eines Carcinoma in situ (CIS) vor. In der Kontrollgruppe mit 167 Teilnehmern waren Fälle von Inkontinenz, neurogener Blasenfunktionsstörung und auch 42 Patienten, die an anderen Krebsarten litten (Prostata, Niere und Darm).
In 80 Prozent der Fälle konnte die TERT-Analyse im Urin vorhersagen, ob die Tumorzellen sich im Follow-up von mindestens sechs Monaten erneut ausbreiten würden. Mit der bisherigen Standard-Diagnosemethode, der Urinzytologie, war dies nur bei 34 Prozent der Patienten möglich.
Keine falsch positiven Befunde bei Harnwegsinfektionen
Am besten war die Prognose auf TERT-Basis bei NMIBC-Patienten. Wie gut ein Arzt das Blasenkarzinom allein anhand der Zytologie einschätzen kann, sei zudem anhängig von dessen Erfahrung, geben die Autoren der Studie zu Bedenken. Vor allem bei älteren Patienten gäbe es erschwerende Faktoren, wie etwa chronischen Harnwegsinfekten. Genau diese Fehlerquelle würde TERT umgehen, erklären die Autoren einen weiteren Vorteil des Tests. Denn TERT zeige keine falsch positiven Befunde bei Harnwegsinfekten an. Der Zusatznutzen gegenüber zytologischen Tests müsse jetzt in größeren Studien bestätigt werden, sagt Anna Perman von Cancer Research in London, die nicht an der Studie beteiligt war.
Solange bleibt der momentane Goldstandard aus einer Urinzytologie und einer Zytoskopie, bei der Ärzte das innere der Harnblase betrachten, bestehen. Derzeit existiert kein Diagnosetest, der in Lage ist, im Urin das Vorhandensein eines Blasenkrebs mit ausreichender Sicherheit nachzuweisen. Daher wird eine Verwendung von kommerziell erhältlichen Urintests als Screening- oder Vorsorgeuntersuchung nicht empfohlen.
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