Medizin

Blutgaswerte als Prädiktoren für die Schwere von COVID-19

  • Mittwoch, 16. Februar 2022
/phonlamaiphoto, stock.adobe.com
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Erzincan – Bestimmte Blutgaswerte könnten bei der Früherkennung von COVID-19 sowie zur Abschät­zung eines intensivmedizinischen Behandlungsbedarfs bereits bei Krankenhausaufnahme erste Hinweise geben.

Nach wie vor ist es schwierig, die unterschiedlichen Symptome bei COVID-19 bezüglich Diagnose und Prognose zum Verlauf und Schwere der Erkrankung richtig einzuordnen. Daher kann es Vorteile bieten, mögliche Verläufe frühzeitig und ggf. schon bei der Krankenhausaufnahme zu erkennen. Das gilt insbe­sondere für Patienten, die intensivmedizinisch behandelt werden müssen, damit das zu erwartende Arbeitsaufkommen besser abgeschätzt werden kann.

Algorithmen des maschinellen Lernens analysieren große Datensätze und können unter den möglichen Risikofaktoren bestimmte Muster und Zusammenhänge erkennen. Das so generierte Wissen kann als Unterstützung zur Diagnose, Prognose und Mortalität auch in Bezug auf COVID-19-Verläufe im Gesund­heits­wesen dienlich sein.

Daher untersuchten türkische Wissenschaftler das Potenzial von Blutgaswerten als Prädiktoren zur Diagnose und Prognose von COVID-19-Erkrankungen unter Verwendung verschiedener Algorithmen des maschinellen Lernens (Medical Gas Research, 2022; DOI: 10.4103/2045-9912.326002).

Als Datenbasis dienten die Blutgaswertprofile von COVID-19-Patienten (n=343) und Kontrollen (n=343, 60,9 % männlich, mittleres Alter: 66), die zwischen dem 1. April 2020 und dem 1. März 2021 in der Türkei stationär behandelt wurden. Unter den COVID-19-Patienten wurden 131 (61,1 % männl., mittleres Alter: 73) auf einer Intensivstation behandelt und 212 (57,5 % männl., mittleres Alter: 71) benötigten keine intensivmedizinische Betreuung. Arterielle Blutgaswerte aller Patienten wurden retrospektiv ausgewer­tet, die als erstes bei der Krankenhausaufnahme gemessen wurden.

Unter den zahlreichen Messwerten konnten für einige Parameter bestimmte Zusammenhänge detektiert werden. Bei der Krankenhausaufnahme waren niedrige Werte von ionisiertem Kalzium (<1,10 mM) signi­fikant mit der Notwendigkeit einer intensiv-medizinischen Behandlung im weiteren Verlauf assoziiert.

Die Genauigkeit der Vorhersagen zur Krankheitsprognose lag durchschnittlich bei 65,0 %. Im speziellen lag die Genauigkeit der Vorhersagen für Patienten, die nicht auf Intensivstation versorgt werden muss­ten bei 69,3 % und bei 58,0 % für Intensivpatienten.

In dieser Studie waren Carboxyhämoglobinwerte (<1%) der eindeutigste Parameter für die Diagnose COVID-19, gefolgt von hohen pH-Werten (>7,43), niedrigen Natrium-Werten (<135 mM), Hämatokrit von <40% und Methämoglobin-Werte unter 1,3%. Die Genauigkeit der Vorhersagen zur differenzierten Dia­gno­se zwischen COVID-19 und anderen Atemwegsinfektionen lag durchschnittlich bei 68,2 %. Diese 5 Parameter zur Detektion von COVID-19 erreichten eine Genauigkeit von 59,5 % bei Patienten mit COVID-19 und 77,0 % der Patienten ohne COVID-19.

Die Studienautoren betonen, dass die Blutgasvariablen, die für die Diangose von COVID-19 als nützlich bewertet wurden, nicht für das Fortschreiten oder die Schwere der Erkrankung bedeutsam waren. Diese Ergebnisse können jedoch bei der Diagnose von COVID-19 und zur Abschätzung eines intensivmedizi­nischen Behandlungsbedarfs helfen, so das Fazit der Studienautoren.

In dieser monozentrischen Analyse wurde der Faktor Komorbidität nicht berücksichtigt, geben die Studienautoren zu bedenken. Weitere Studien, die Komorbidität berücksichtigen und größere Patien­tenkohorten aus verschiedenen Zentren berücksichtigen, sollten folgen, um die Bedeutung der arteri­ellen Blutgaslaborwerte bei COVID-19 noch besser abzuschätzen.

cw

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