Ausland

BMJ-Autoren kritisieren britische Gesundheitssteuer für Migranten

  • Donnerstag, 18. Juni 2015

London – Die Besteuerung von Migranten in Großbritannien, damit diese Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten, könnte zahlungsunfähige Einwanderer vom Gesundheitssystem abschneiden und den National Health Service mit vermeidbaren Kosten belasten. Dies ist die Meinung von Lilana Keith, Mitarbeitern der Platform for International Cooperation on Undocumented Migrants, und Ewout van Ginneken, Wissenschaftler an der Technischen Universität Berlin. Im British Medical Journal berichten die Autoren über die Konsequenzen der für viele unerschwinglichen Steuer (doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.h3056).

Das britische Gesundheitssystem wird im Wesentlichen aus Steuergeldern finanziert und bietet Patienten eine kostenfreie Behandlung an. 2010 begann unter Premierminister Cameron eine der größten Gesundheitsreformen des Landes. Auf Grundlage eines neuen Gesetzesentwurfs wurde eine neue Steuer für Migranten eingeführt.

Einwanderer aus nicht europäischen Staaten müssen demnach bei einem Aufenthalt, der über sechs Monate dauert, 275 Euro pro Jahr bezahlen, damit sie in Krankenhäusern behandelt werden können. Zahlungsunfähigen Migranten wird keine Verlängerung des Visums bewilligt. In der Diskussion sei außerdem, Einwanderern ohne gültige Papiere eine kostenfreie Behandlung in Praxen und Notaufnahmen zu verwehren.

Laut Keith und Ginneken ist die neue Steuer eine Diskriminierung von Migranten und nur schwer mit ethischen und menschenrechtlichen Grundprinzipien vereinbar. Die neue Steuer treffe besonders die Einwanderer, welche die Unterstützung am dringendsten benötigten.

Der Großteil der über 600.000 undokumentierten Migranten sei außerdem nicht illegal ins Land gelangt, sondern mit Visa und Arbeit. Oftmals müssen die Migranten jedoch ausbeuterische Arbeitsbedingungen erdulden und befänden sich in prekären Anstellungsverhältnissen. Sie würden auf diese Weise in die Illegalität abgedrängt.

Das Ziel, Kosten zu reduzieren, wird nach Ansicht der Autoren ebenfalls verfehlt. Patienten, die Krankheiten verschleppen und notfallmäßig behandelt werden sowie mögliche Ausbrüche von Infektionskrankheiten, belasten das Gesundheitssystem mit wesentlich größeren Kosten, argumentieren sie.

Befürchtungen über einen zunehmenden Gesundheitstourismus halten die Autoren für unrealistisch. Anstatt über Maßnahmen zu diskutieren, den Zugang zur medizinischen Versorgung weiter einzuschränken, sei es wichtiger den Sinn der neuen Steuer zu überdenken, so die Meinung der Wissenschaftler.

hil

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung