Brustimplantate können EKG-Messung verfälschen

Wien –Brustimplantate könnten das Elektrokardiogramm behindern und somit zu falschen Herzinfarktdiagnosen führen. Diese Studienergebnisse haben heute Forscher um Sok-Sithikun Bun vom Princess Grace Hospital in Monaco beim europäischen Kongress der European Heart Rythm Assosiaction (EHRA) Cardiostorm 2017 in Wien vorgestellt.
Ein Team von Kardiologen führte bei fast 50 Frauen ohne Herzprobleme im Alter von etwa 42 Jahren ein EKG durch. Davon hatten 28 Brustimplantate. Jede EKG-Aufzeichnung wurde von zwei EKG-Spezialisten ausgewertet, ohne dass diese Informationen zu den Patienten vorliegen hatten.
Während beide Experten die Elektrokardiogramme der Kontrollgruppe mit einer Ausnahme (5 Prozent) als normal einstuften, lagen sie bei den gesunden Frauen mit Brustimplantaten weit häufiger daneben mit ihrer Diagnose: 38 beziehungsweise 57 Prozent der abgeleiteten Elektrokardiogramme wurden fälschlicherweise als auffällig eingestuft. Am häufigsten basierte diese Fehleinschätzung aufgrund von missinterpretierten T-Wellen (Inversion V1 zu V4) und ST-Senkungen, die auf eine insuffiziente Durchblutung des Myokards und somit auf einen Herzinfarkt hinweisen können.
Die geschilderten Beobachtungen bei Frauen mit Brustimplantaten kann auch Martin Borggrefe vom Universitätsklinikum Mannheim bestätigen: ST-Senkungen oder -Hebungen können sich durch das Brustimplantat verändern. „Vor allem beim akuten Koronarsyndrom mit oder ohne EKG-Veränderungen ist die Differenzialdiagnose in der Tat erschwert. Hingegen kann man Herzrhythmusstörungen auch bei Frauen mit Brustimplantat im EKG unverändert gut erkennen“, erläutert der Experte der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie.
Bei Frauen mit Brustimplantaten, die über Brustschmerzen klagen, empfiehlt er daher, die Diagnose mit einer Messung des kardialen Troponins abzusichern. „Patientinnen sollten ihren Arzt vor dem EKG informieren, dass sie ein Implantat tragen“, rät Borggrefe. Zudem könnte es hilfreich sein, wenn Frauen ein Vergleichs-EKG machen lassen, bevor sie das Brustimplantat erhalten, sagte Bun, Erstautor der Studie.
Eine Gruppe, von Frauen, die Ärzte dabei im Fokus haben sollten, sind Brustkrebspatientinnen, erklärt Borggrefe: „Selbst noch einige Jahre nach einer erfolgreichen Brustkrebstherapie können kardiologische Probleme aufgrund der Bestrahlung auftreten.“ Das Risiko für eine Herzschwäche oder eine Koronarstenose steige. „Für dieses Fachgebiet der Kardioonkologie sind wir in Deutschland nicht so gut aufgestellt wie beispielsweise Ärzte in Großbritannien oder den USA“, sagt der Kardiologe. Er empfiehlt, alle fünf Jahre ein Belastungs-EKG und einen Herz-Ultraschall durchzuführen, um kardiologische Folgeerkrankungen rechtzeitig zu diagnostizieren.
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