Bürgerversicherung: SPD will zurück zur paritätischen Finanzierung

Berlin – Die SPD hat am Montag in Berlin ein überarbeitetes Konzept für die Bürgerversicherung vorgestellt. Darin sprechen sich die Sozialdemokraten für drei Säulen bei der Finanzierung des Gesundheitswesens aus: Die Hauptlast der Kosten soll durch Versichertenbeiträge und Arbeitgeberabgaben getragen werden, ergänzt um einen erhöhten Steueranteil.
„Wir wollen erstmals echte Parität bei der Finanzierung herstellen“, erklärte Karl Lauterbach, gesundheitspolitischer Sprecher der SPD. Die Beitragssätze für Arbeitgeber sollen deshalb so berechnet werden, dass die Arbeitgeber genauso viel Euro zur Finanzierung beitragen wie die Versicherten. Basis für den Arbeitgeberanteil soll nicht mehr die Grundlohnsumme, sondern die gesamte Lohnsumme sein. Die Beitragsbemessungsgrenze soll ebenfalls entfallen, so dass Unternehmen mit hohen Löhnen künftig mehr zahlen müssten als bisher.
Die Versicherten würden mit dem Modell wieder auf den Stand von 2008 zurückkehren: Ihre Beitragssätze würden wieder direkt von den Krankenkasse festgelegt. Zusatzbeiträge würden abgeschafft. Nach Berechnungen der SPD käme es mit der Bürgerversicherung zu einer Entlastung der Versicherten von fünf Milliarden Euro, die die Arbeitgeber dafür zusätzlich aufbringen müssten. Die Beitragssätze der Arbeitnehmer würden entsprechend um circa 0,5 bis 0,6 Prozentpunkte sinken.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die Abschaffung des jetzigen Versicherungssystems aus gesetzlicher und privater Krankenversicherung, die zu einem System zusammengefasst werden sollen. „Damit ist in Zukunft allein die Krankheit dafür ausschlaggebend, wie und wann jemand behandelt wird“, betonte Andrea Nahles, SPD-Generalsekretärin.
Dazu soll ein neues Vergütungssystem geschaffen werden, das den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) und die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ersetzen soll. „Mit einem einheitlichen Honorarsystem beseitigen wir die Fehlanreize in den Ballungszentren“, erklärte Nahles. „Im Gegensatz dazu führt die private Krankenversicherung bislang zu Überversorgung in den starken Regionen. Das kann nicht im Interesse verantwortlicher Gesundheitspolitik sein.“
„Es wird nicht ohne Mehrklassenmedizin gehen“, entgegnete Frank-Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer. Solange Patienten Zusatzversicherungen abschließen könnten, würden sich die wohlhabenderen kürzere Wartezeiten dazukaufen. „Die Alternative ist eine Einheitsmedizin, die wir alle nicht wollen.“
Lauterbach verteidigte den SPD-Vorschlag: „Wie gut die medizinische Versorgung ist, soll davon abhängen, wie krank man ist, und nicht davon, wie viel man verdient.“ Der BÄK-Präsident erwiderte, dass es in Deutschland zwar eine Zweiklassenmedizin gebe: „Wir können jedoch froh sein, dass sich die Unterschiede nicht auf medizinische Inhalte beziehen, sondern nur auf solche Bereiche wie Wartezeiten und Komfort.“
Mit dem Konzept bereite sich die SPD schon auf die Übernahme der Regierung 2013 vor, wie Lauterbach erklärte. „Wir haben ein Modell der Bürgerversicherung, das dann auch schnell umgesetzt werden kann.“ Der Leitantrag zur Bürgerversicherung soll deshalb schon auf dem kommenden SPD-Parteitag diskutiert und verabschiedet werden.
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