Bund erwägt Umstellung des Briefsystems auf Zwei-Klassen-Zustellung

Berlin – Die Bundesregierung erwägt offenbar eine Reform des Postgesetzes hin zu einer Art Zwei-Klassen-Briefzustellung. Das zeigen Aussagen aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWK).
„Es gibt Briefe, die sind dringend und müssen gesichert am nächsten Tag ankommen“, sagte die Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Franziska Brantner (Grüne), der Süddeutschen Zeitung. Bei anderen Sendungen könne hingegen von der gesetzlichen Vorgabe einer Zustellung innerhalb eines Tages abgerückt werden.
„Das würde auch dem Klima helfen, denn dadurch könnte ein erheblich größerer Teil der Sendungen mit der Bahn transportiert werden und auf umweltschädliche Frachtflüge verzichtet werden“, führte Brantner weiter aus.
In welche Kategorie Arzt- und Krankenhausbriefe – etwa mit Befunden – untereinander und auch an Patienten sowie Briefe der Krankenkassen/Krankenversicherungen an Ärzte, Krankenhäuser und Patienten dann künftig nach einer Reform fallen könnten, konnte das Ministerium nicht konkret beantworten.
Es gebe noch keine finalen Entscheidungen oder Vorfestlegungen, erklärte eine Ministeriumssprecherin auf Nachfrage. Nach Veröffentlichung der Eckpunkte beginne nun die Arbeit an einem Gesetzentwurf. Im März werde man einen Stakeholderdialog durchführen.
Die Sprecherin erklärte, es gehe um mehr Verlässlichkeit und eine nachhaltigere Postversorgung. „Wie genau das ausgestaltet werden kann. Das diskutieren wir gerade“, sagte sie. Dringende Briefe betreffen demnach zum Beispiel wichtige Fristsachen.
Die Post selbst begrüßt den neuen Ansatz. „Der Verbraucher kann sich entscheiden, mit welchem Tempo sein Brief transportiert wird“, sagte der Personalvorstand der Deutschen Post, Thomas Ogilvie, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Im Sinne der Angebotspalette halte ich das für einen guten Schritt.“
Allerdings würde der neue Expressbrief für den Verbraucher voraussichtlich teurer. Dieses Prinzip der Zwei-Klassen-Briefzustellung gebe es aber in vielen europäischen Ländern, sagte Ogilvie.
Derzeit schreibt das Postgesetz vor, dass die Post 80 Prozent der Briefe innerhalb eines Tages zustellen muss. Das Ziel hat der Konzern jedoch wiederholt verfehlt. In den vergangenen Jahren häuften sich die Beschwerden, die Post verwies auf einen hohen Krankenstand und Personalmangel im Allgemeinen.
„Das Postgesetz ist fast 30 Jahre alt, da ist leider vieles nicht mehr zeitgemäß“, sagte die grüne Staatssekretärin der SZ. Die Post müsse „verlässlicher, digitaler und umweltfreundlicher“ werden „und zugleich bezahlbar bleiben“.
Post-Personalvorstand Ogilvie zeigte sich überzeugt davon, dass der Brief trotz zuletzt sinkender Sendungsmengen in Deutschland kein Auslaufmodell sei. „Letztlich braucht vor allem auch der Staat einen funktionierenden Briefdienst“, sagte er den Funke-Zeitungen. Allerdings werde die Menge weiter zurückgehen.
Die Post plane daher mittels Verbundzustellung den Rückgang auszugleichen. Dabei liefern Briefträger auch kleine Pakete aus. „Auf dem Land werden Pakete und Briefe bereits von einer Person zugestellt. Das Prinzip könnten wir auch auf mehr Regionen ausweiten, um den Briefdienst erschwinglich zu halten“, sagte Ogilvie. Eine Reduzierung der Briefzustellung auf fünf Tage in der Woche sei dagegen kein Ziel, das derzeit verfolgt werde.
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