Politik

Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll ab Juli an Pflegereform arbeiten

  • Freitag, 20. Juni 2025
/Tatjana Balzer, stock.adobe.com
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Berlin – Am 7. Juli soll erstmals die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zusammenkommen, welche „in den kommenden Monaten Ideen für eine große Pflegereform entwerfen soll“. Dies sagte Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) heute der Rheinischen Post.

Einzelne Ideen dazu wolle sie aber vorab nicht kommentieren, betonte Warken. Klar sei aber, dass man „an ganz vielen Stellschrauben“ werde drehen müssen, um gute Pflege für alle zu organisieren und zu finanzieren.

„Dafür brauchen wir nicht nur Geld, sondern auch Personal. Deshalb arbeiten wir gerade daran, den Berufseinstieg zu vereinfachen und den Pflegekräften mehr Kompetenzen zu geben. Das lockt mehr Menschen in den Beruf und hält sie dort – auch ausländische Kräfte.“ Entsprechende Gesetzentwürfe sollen „in Kürze“ das Kabinett erreichen.

Mitwirken an der Bund-Länder-Arbeitsgruppe werden neben dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) und den auf Länderebene für die Pflege zuständigen Ministerinnen/Ministern und Senatorinnen/Senatoren auch der Deutsche Städtetag (DST), der Deutsche Landkreistag (DLT) und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB). Zudem sitzen nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes die gesundheitspolitischen Sprecher der beiden Regierungsfraktionen mit am Tisch.

Der Arbeitgeberverband Pflege (AGVP) zeigte sich enttäuscht über die Zusammensetzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe – praxistaugliche Lösungsvorschläge seien unwahrscheinlich.

„Praktische Erfahrung ist in der Pflegekommission offenbar unerwünscht. Ministerialbeamte und Bürokraten allein werden die enormen Probleme in der Altenpflege nicht lösen. Sie kennen den Alltag der Pflege nur aus Erzählungen, Excel-Listen und gelegentlichen Heimbesichtigungen. Bürokraten bauen keine Bürokratie ab, Spitzenfunktionäre kennen weder die Sorgen die Pflegeanbieter noch der Pflegekräfte aus eigener Anschauung“, kritisierte AGVP-Präsident Thomas Greiner.

Um kurzfristig die bestehenden finanziellen Lücken in der Pflegeversicherung zu schließen, solle es Steuermittel geben, so Warken. „Dazu habe ich mit Finanzminister Lars Klingbeil verhandelt. Er wird den Haushalt in der kommenden Woche im Kabinett einbringen.“ Sie sei „sicher, dass alle in den Regierungsfraktionen verstanden haben, dass wir den Menschen und der Wirtschaft keine Beitragssprünge mehr zumuten sollten“.

Die CDU-Politikerin äußerte sich im Interview auch zur Lage der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Zahlen für das erste Quartal seien zwar positiv. „Aber das täuscht. Das Plus brauchen die Krankenkassen, um die gesetzlich vorgeschriebenen Reserven aufzufüllen“, so Warken. Für die kommenden beiden Jahre drohten jedoch erhebliche Defizite. „Deswegen brauchen wir auch hier eine Kombination aus Haushaltshilfen und entschiedenen Reformen.“

Das müsse schneller gehen, als im Koalitionsvertrag vorgesehen. „Schon im kommenden Jahr müssen wir dieses Strukturpaket schnüren. Und bis dahin werden wir bereits angestoßene Reformen aufs Gleis setzen“, sagte die Ministerin und nannte die Krankenhaus- oder die Notfallreform. Sie betonte: „Wir haben uns in der Koalition darauf geeinigt, Beitragserhöhungen zu vermeiden.“

Behandlungskosten von Bürgergeldempfängern sollten komplett vom Bundeshaushalt übernommen werden. Seit Jahren seien die Behandlungen von Bürgergeldempfängern vom Staat unterfinanziert. „Da fehlen mehr als zehn Milliarden Euro jedes Jahr. Das können die Krankenkassen nicht auf Dauer ausgleichen. So kommen die auf keinen grünen Zweig“, sagte Warken.

Grünen-Politikerin Linda Heitmann, Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestages, erklärte: „Nina Warken hat recht.“ Es sei nicht hinnehmbar, dass der Bund derzeit für Bürgergeldempfängerinnen und -empfänger keine angemessenen Beiträge in die GKV einzahlt.

„Wir werden die Gesundheitsministerin an ihren kurzfristigen Versprechungen messen und gleichzeitig auch auf langfristige Konzepte drängen“, so Heitmann. Die GKV-Strukturen müssten dringend reformiert werden, um nachhaltige und zukunftsfähige Lösungen für die Gesundheitsfinanzierung zu schaffen. „Die angekündigte Kommission, die erst 2027 Ergebnisse liefern soll, ist noch nicht eingesetzt und die Ergebnisse werden zu spät kommen. Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, die halbe Wahlperiode mit bloßem Abwarten zu vergeuden.“

Als „konsequent und folgerichtig“ bewerten die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) die Forderung der Bundesgesundheitsministerin, die Behandlungskosten von Bürgergeldempfängern vollständig durch den Bundeshaushalt zu übernehmen.

„Die Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen ist kritisch, vor allem deswegen, weil aus Beitragsgeldern der Versichertengemeinschaft in den letzten Jahren Leistungen bezahlt wurden, die eigentlich steuerfinanziert gehören. Das Beispiel Bürgergeld sticht hervor“, so Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner. Die Ministerin habe in diesem Punkt die volle Unterstützung der KBV.

aha/kna

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