Bundesregierung sieht keine Engpässe wegen Medizinprodukteverordnung

Berlin – Die Medizinprodukteverordnung (MDR) der Europäischen Union (EU) hat nach Aussagen der Bundesregierung – entgegen vieler Befürchtungen aus Versorgung und Industrie – bisher nicht zu Engpässen aufgrund eines Zertifizierungsstaus geführt.
Seit Langem warnen Verbände davor, die umfassenden Zertifizierungs- und Rezertifizierungspflichten der MDR könnten in Kombination mit einem Mangel an den Benannten Stellen, die die Zertifizierungen vornehmen, zu massiven Verzögerungen bei der Produktzulassung und Versorgungsproblemen führen.
Im Oktober forderte das EU-Parlament deshalb in einer Resolution von der Kommission gezielte Veränderungen an der MDR, um das zu verhindern. Mit einer Verschiebung von Geltungs- und Verlängerung von Übergangsfristen hat die EU-Kommission versucht, bis zur geplanten Überarbeitung der Verordnung den Druck zu verringern. Aus Sicht der Bundesregierung war sie damit erfolgreich.
Die Maßnahmen der EU hätten gemeinsam mit einem Kapazitätsaufbau bei den Benannten Stellen den befürchteten Zertifizierungsstau verhindert, heißt es in der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der AfD.
Die bislang vorliegenden Meldungen nach Artikel 10a der MDR – der seit Anfang des Jahres Meldepflichten bei Lieferunterbrechungen und -einstellungen vorschreibt – und mehrere Abfragen der medizinischen Fachgesellschaften hätten demnach keine Hinweise auf flächendeckende Versorgungsmängel ergeben.
„Im Einzelfall auftretende Engpässe“ würden hingegen die EU- Kommission in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten lösen. Dies erfolge in geeigneten Fällen auch über Sonderzulassungen.
Auch in naher Zukunft seien keine größeren Schwierigkeiten zu erwarten: „Wegen der wegfallenden Sonderbelastung durch die Rezertifizierung aller Bestandsprodukte und infolge der auf allen Seiten zunehmenden Routine im Zertifizierungsverfahren erwartet die Bundesregierung in den kommenden Jahren keine gravierenden Funktionsdefizite im Zertifizierungssystem.“
So sei auch die Zahl der Benannten Stellen mittlerweile ausreichend. Ihre Zahl sei von 27 im Jahr 2022 auf 50 im Mai 2025 gestiegen, darunter auch zehn Benannte Stellen aus Deutschland. „Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und die Europäische Kommission erachten diese Kapazitäten für die Zertifizierung als hinreichend“, heißt es in der Antwort.
Dennoch würden weiterhin strukturelle Herausforderungen bestehen, die zu Unsicherheiten und Verzögerungen bei Konformitätsbewertungsverfahren führen könnten. So würden hohe regulatorische Anforderungen insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) Schwierigkeiten bereiten.
Die Bundesregierung spreche sich daher „für eine zügige und umfassende Reform des EU-Rechtsrahmens für Medizinprodukte aus“. Dazu arbeite EU-Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten bereits an verschiedenen Durchführungsrechtsakten, um die Zertifizierungsprozesse zu entbürokratisieren und zu beschleunigen.
So sei geplant, die Anforderungen an die Benannten Stellen und die Konformitätsbewertungsverfahren zu ändern, die elektronischen Gebrauchsanweisungen auszuweiten und die sogenannte Liste über bewährte Technologien zu erweitern.
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