Bundessozialgericht billigt hohen Säumniszuschlag der Krankenkassen
Kassel – Hunderttausende Freiberufler und Selbstständige mit geringem Einkommen müssen auf rückständige Krankenkassenbeiträge einen Säumniszuschlag von monatlich fünf Prozent bezahlen. Der Säumniszins von jährlich 60 Prozent sei nicht verfassungswidrig, entschied heute das Bundessozialgericht in Kassel. (Az: B 12 KR 3/11 R) Damit wies das Gericht die Klage eines Mannes ab, der den Zuschlag als „Wucher“ kritisiert hatte. Seine Anwältin will nun das Bundesverfassungsgericht anrufen.
Seit April 2007 müssen sich Geringverdiener ohne Arbeitsverhältnis ebenfalls krankenversichern. Die gesetzlichen Kassen dürfen auch säumige Mitglieder nicht mehr hinauswerfen und müssen Leistungen erbringen. Nach Angaben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) standen im Juni 1,77 Milliarden Euro aus. Betroffen sind 1,6 Millionen Mitgliedskonten, wobei ein Versicherter aber auch mehrere offene Konten haben kann.
Der monatliche Beitrag der sogenannten Selbstzahler wird heute nach einem Einkommen von mindestens 1.864 Euro berechnet; der Mindestbeitrag beträgt daher derzeit 288,92 Euro pro Monat.
Um rückständige Beiträge einzutreiben, gibt das Gesetz den hohen Säumniszuschlag vor. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes soll er nur auf den Beitrag selbst, aber nicht wiederum auf rückständige Zuschläge erhoben werden. So berechnet führt der Zuschlag zu einem jährlichen Zinssatz von 60 Prozent.
Vor dem BSG sprach die Anwältin von „strafbarem Wucher“. Der Zuschlag sei gleichheitswidrig und „erdrossele“ die Handlungsmöglichkeiten der Versicherten. Der Kläger arbeitet nach Angaben seiner Anwältin in Brandenburg als selbstständiger Restaurator und verdient monatlich rund 600 Euro. Für rückständige 650 Euro wollte er 2007 nur den sonst in der öffentlichen Verwaltung üblichen Säumniszuschlag von monatlich einem Prozent bezahlen.
Nach Überzeugung des obersten Sozialgerichts liegt aber auch der Säumniszuschlag von monatlich fünf Prozent noch im weiten Spielraum des Gesetzgebers. Es handele sich um ein „sachlich gerechtfertigtes Druckmittel“, weil die Krankenkassen säumige Zahler nicht mehr ausschließen dürfen. Zudem falle ein hoher Verwaltungsaufwand an.
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