Politik

Bundestag debattiert über Korruptionsgesetz

  • Donnerstag, 12. November 2015
Uploaded: 12.11.2015 17:53:30 by mis
dpa

Berlin – Wenn am Freitagnachmittag im Bundestag die erste Lesung zum Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen stattfindet, werden viele Vertreter der Ärzteschaft genau auf die Zwischentöne achten: In dem Gesetzentwurf aus dem Hause von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sehen Vertreter der Ärzte viele – oft versteckte – Stolpersteine. Mit dem Gesetz soll ein neuer Straftatbestand „Bestech­lichkeit im Gesundheitswesen“ in das Strafgesetzbuch eingeführt werden.

Die neuen Paragrafen 299a und 299b sehen vor, dass „wer als Angehöriger eines Heilberufes im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt, oder annimmt“ mit einer Geldstrafe oder einer bis zu dreijährigen Haftstrafe bestraft wird. Gleiches gilt für die Person, die einem Angehörigen eines Heilberufes „in Zusammen­hang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung anbietet“.

Für Jan-Marco Luczak (CDU), Jurist und stellvertretender Vorsitzender des Aus­schusses für Recht und Verbraucherschutz im Bundestag, ist klar: „Dieses Gesetz ist kein Sonderstrafrecht für Ärzte. Es soll den gesamten Gesundheitsmarkt in den Blick nehmen und das Vertrauen zwischen Arzt und Patient stärken“, erklärte er auf einer Veranstaltung des Bundesverbandes Medizintechnologie in Berlin. Luczak kündigte an, dass die unterschiedlichen Heilberufsgruppen auch noch um die Heilpraktiker erweitert werden soll.

Sind sinnvolle und sozialrechtliche Kooperationen noch erlaubt?
Doch Ärzteorganisationen wie die Bundesärztekammer sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sehen das anders: Für die Expertenanhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz im Bundestag Anfang Dezember haben beide Stellungnahmen vorbereitet, in dem das Gesetz als Sonderrecht kritisiert wird. Auch zum Referentenentwurf und zum Gesetzesentwurf im Bundeskabinett äußerten sich die Ärztevertreter. Tenor: Sinnvolle und sozialrechtlich erwünschte Kooperationen zwischen Ärzten, Unternehmen sowie anderen Heilberufen dürfen durch das Gesetz nicht kriminalisiert werden. Gleichzeitig müsse für Ärzte sozusagen mit Hilfe einer „Liste für die Kitteltasche“ klar sein, was erlaubt ist und was nicht, forderte BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery im Sommer in einem Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt.

Auch für Luczak ist es wichtig, dass die Kooperationen, die im Sozialgesetzbuch V ausdrücklich vorgesehen sind, nicht im Strafgesetzbuch kriminalisiert werden. Warum allerdings die ausführliche Begründung und Aufzählung von gewünschten Koopera­tionen nur in der Gesetzesbegründung erscheint und nicht im Gesetzestext, konnte Luczak bei der Veranstaltung in Berlin nur ausweichend beantworten. Es sei ein Teil der Gesetzgebungstechnik, das solche ausführlichen Begründungen nicht im Gesetzestext selbst erscheinen, erklärte Luczak. Für die Auslegungen des Gesetzes gebe es die Gesetzesbegründungen.

Die KBV hatte ihrerseits eine Ergänzung im Gesetzestext vorgeschlagen, damit bereits dort klar wird, welche Kooperationen gefördert werden sollen. Folgende Formulierung schlägt die KBV vor: „Wenn Angehörige eines oder mehrerer Heilberufe im Anwendungs­bereich der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Kranken­versicherung aufgrund sozialrechtlicher Regelungen oder Pflichten im Fünften Buch Sozialgesetzbuch in zulässiger Weise (…) Absprachen treffen“, dann sollen diese straffrei bleiben.

Regelmäßiger Erfahrungsaustausch mit Staatsanwälten
Die Sorge der Ärzteschaft, dass künftig bei einem Anfangsverdacht Staatsanwälte Praxen und Medizinische Versorgungszentren durchsuchen könnten, soll mit einer Regelung im Sozialgesetzbuch zerstreut werden. Hier soll es künftig heißen, dass KBV und auch die Krankenkassen „einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch“ mit der Staatsanwaltschaft organisieren, über dessen Ergebnisse soll den Aufsichtsbehörden und dem Bundesgesundheitsministerium berichtet werden soll.

In der Stellungnahme zum Gesetz erklärt die KBV: „Ein Erfahrungsaustausch wird schon gepflegt. Es bedarf dazu keiner gesetzlichen Regelung.“ Ebenso heißt es in der Stellung­nahme, dass keine „echten Ergebnisse“ bei solchen Treffen erzielt werden würden. Denn in den Regionen treffen die KVen auf „regionale Kammern und insbe­sondere Staatsanwaltschaften, die vergleichbare Sachverhalte bekanntermaßen zuweilen sehr unterschiedlich bewerten und keine Vorgaben von wie auch immer benannten ‚Vertretern‘ auf der Bundesebene machen lassen würden“.  

Laut Luczak obliegt es der KBV, wie dieser Erfahrungsaustausch gestaltet werden soll. „Die Beteiligten selbst haben ja ein großes Interesse daran, dass die Veranstaltungen regelmäßig und in einer gewissen fachlichen Tiefe stattfindet“, erklärte Luczak auf Anfrage. Dadurch soll ein „Gefühl und eine Sensibilität“ bei Staatsanwaltschaften für medizinische Inhalte geweckt werden.

bee

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung