Politik

Corona: Bundeskabinett beschließt Aufholprogramm und Ganztagsanspruch

  • Mittwoch, 5. Mai 2021
/Marina Andrejchenko, stock.adobe.com
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Berlin – Mit zwei Milliarden Euro will die Bundesregierung die Folgen der Coronamaßnahmen für Kinder und Jugendliche abmildern. Das Bundeskabinett brachte heute ein „Aktionsprogramm Aufholen“ auf den Weg.

Eine Milliarde Euro ist für Nachhilfe- und Förderprogramme für Schüler gedacht, die Lernrückstände auf­holen müssen. Eine weitere Milliarde Euro soll in soziale Maßnahmen investiert werden, um auch die psy­chischen Krisenfolgen für Kinder und Jugendliche abzufedern. Hier geht es um eine Aufstockung von be­stehenden Programmen im Bereich frühkindlicher Bildung, in der Schulsozialarbeit und im Freizeitbereich.

Geplant ist auch eine Einmalzahlung von 100 Euro für Kinder aus Familien, die auf Hartz IV angewiesen sind oder nur ein sehr geringes Einkommen haben. Das Geld soll je nach Bedarf für Ferien-, Sport- und Freizeitaktivitäten eingesetzt werden können. Eine Auszahlung könnte nach dpa-Informationen im August erfolgen.

Aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerks sind die Pläne völlig unzureichend. „Natürlich hört sich ein Zwei-Milliarden-Programm erst einmal gut an, aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen. Das wird bei Weitem nicht ausreichen, um auch nur annähernd die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen zur Bewältigung der Coronapandemie zu decken“, sagte Präsident Thomas Krüger im Vorfeld der Sitzung des Bundeskabinetts heute in Berlin.

Die Befunde der Studien über die Auswirkungen der Pandemie auf die physische und psychische Verfas­sung der Kinder seien gravierend. Krüger kritisierte die Planung, die Hälfte des Geldes unter Einbe­ziehung kommerzieller Nachhilfeeinrichtungen für die Kompensation der Versäumnisse der Schu­len einzusetzen. „Denn von entscheidender Bedeutung sind langfristige und nachhaltige Investi­tionen in bereits besteh­en­d­­­e Strukturen, die Krisenfestigkeit und die Digitalisierung von Schulen“, betonte er.

Zudem brauche es jetzt außerschulische Angebote, die soziale Interaktion ermöglichten, Bewegungs- und Ernährungsangebote schafften sowie eine Ansprechfunktion in schwierigen familiären Situationen böten.

„Die vielerorts dramatischen Berichte aus Kinder- und Jugendarztpraxen, aus der Kinder- und Jugend­psy­chiatrie oder aus Kinderhäusern zeigen ganz deutlich, dass sowohl Ängste, Vereinsamung, Unsicher­heiten und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen als auch innerfamiliäre Konflikte deutlich zuge­nommen haben“, sagte der Kinderhilfswerk-Präsident.

Krüger forderte einen „Coronakindergipfel“ mit den wesentlichen Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe und den Kindern und Jugendlichen selbst. Bei allen Maßnahmen, die jetzt auf den Weg gebracht werden, muss aus Sicht des Deutschen Kinderhilfswerkes klar sein, dass Kinder und Jugendliche als „ganze Menschen“ betrachtet und nicht auf ihr Dasein als Schüler reduziert werden dürfen.

„Fördermaßnahmen mit der Gießkanne sind hier der falsche Weg. Niedrigschwellige Beratung-, Hilfs und Unterstützungsangebote für junge Menschen in persönlichen Problemlagen müssen ausgebaut werden“, so Krüger.

dpa/kna

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