Ausland

Corona: Erneute Massenproteste in Frankreich gegen striktere Regeln

  • Montag, 9. August 2021
/picture alliance, AA | Alaattin Dogru
/picture alliance, AA | Alaattin Dogru

Paris – In Frankreich wächst der Unmut über strengere Coronaregeln und die Impfpflicht fürs Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen. In Paris und anderen Städten waren vorgestern fast eine Viertel­million Menschen auf den Straßen, um gegen die Coronapolitik von Präsident Emmanuel Macron zu demonstrieren.

Das Innenministerium bezifferte die Zahl der Teilnehmer landesweit auf etwa 237.000 – so viele wie noch nie seit Beginn der neuen Proteste vor einem Monat. Es war das vierte Wochenende mit Massen­kundgebungen in Folge.

In der Hauptstadt Paris waren nach offiziellen Angaben 17.000 Demonstranten unterwegs. Die Kundge­bungen gegen die umstrittene Impfpflicht fürs Personal im Gesundheitswesen sowie den sogenannten Gesundheitspass mit Coronaeinschränkungen verliefen weitgehend friedlich.

Erst am vergangenen Donnerstag hatte Frankreichs Verfassungsrat die strengeren Maßnahmen gebilligt. Die Regierung schwächte sie dann etwas ab. Die neuen Regeln treten nun heute in Kraft.

Ein Schwerpunkt der Proteste lag dieses Mal im Süden, wo die Zahl der Coronaneuinfektionen derzeit besonders hoch ist. Zwischen Montpellier und Nizza sollen nach Polizeiangaben etwa 47.000 Menschen auf die Straße gegangen sein, davon 19.000 in Toulon und 10.000 in Nizza. In einzelnen Gegenden gel­ten dort auch wieder strengere Regeln wie Maskenpflicht im Freien oder frühere Schließzeiten für Ge­schäfte.

Die Bundesregierung stuft die Region Okzitanien mit der Hauptstadt Toulouse sowie die Provence, die Côte d'Azur und deren Hinterland seit gestern als Coronahochrisikogebiete ein. Gleiches gilt für die Mittelmeerinsel Korsika. All diese Gebiete sind jetzt zur Urlaubszeit normalerweise auch beliebte Ziele von deutschen Urlaubern.

Die Vorlage des digitalen Gesundheitspasses, der Aufschluss über einen Negativtest oder eine Impfung gibt, wird in Frankreich bereits im Kino oder bei Großveranstaltungen verlangt. Künftig ist er auch zum Besuch von Restaurants und Bars und bei Reisen per Flugzeug oder Fernzug erforderlich. Die neuen Re­gelungen hatte Macron bereits Mitte Juli angekündigt. Seitdem reißen die Proteste nicht mehr ab.

In der Tageszeitung Le Parisien kündigte Gesundheitsminister Olivier Véran zumindest leichte Änderun­gen an den bisherigen Plänen an. Beispielsweise sind Negativtests nun 72 Stunden lang gültig, nicht mehr nur 48 Stunden. Die Coronasituation in Frankreich ist generell angespannt. Die Zahl der Neuan­steckungen lag auf 100.000 Menschen innerhalb einer Woche landesweit zuletzt bei gut 230.

In dem Land mit 67 Millionen Einwohnern sind inzwischen etwa 63 Prozent mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung hat bereits zwei Impfungen bekommen.

Trotzdem wächst in Paris die Sorge über das Ausmaß der Proteste. Mitten in der Urlaubszeit seien solche Teilnehmerzahlen ungewöhnlich, sagte David Le Bars, Generalsekretär der Polizeigewerkschaft SCPN im Radiosender France Info. Der Herbst könne „etwas kompliziert“ werden.

Auch der Politologe Jérôme Fourquet blickt den nächsten Monaten mit Sorge entgegen. Man könne bei der Anti-Coronabewegung durchaus Parallelen zu der Gelbwestenbewegung ziehen, die monatelang gegen die Sozialreformen der Regierung Macron demonstriert haben, sagte er im Fernsehsender LCI.

Die Bewegung sei ebenfalls ohne Rückhalt der Gewerkschaften und ohne selbst ernannte Anführer entstan­den. Sie vereine Menschen mit unterschiedlichen soziologischem und ideologischem Hinter­grund. Wei­te­re Gemeinsamkeit sei Misstrauen gegenüber der Regierung, vor allem gegenüber Macron.

dpa

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung