COVID-19: 1. Welle hat Geburtenrate in vielen Ländern gesenkt (nicht aber in Deutschland)

Ithaca/New York – Die COVID-19-Pandemie hat vielerorts in die Familienplanung eingegriffen. In vielen Ländern wurden 9 Monate nach der 1. Welle weniger Kinder geboren, nicht so in Deutschland und in einigen anderen nordeuropäischen Ländern, in denen laut einer Übersicht in den Proceedings of the National Academy of Sciences (2021; DOI: 10.1073/pnas.2105709118) die Geburtenrate tendenziell sogar angestiegen ist.
In Krisenzeiten werden weniger Kinder gezeugt als in Phasen einer ökonomischen und gesellschaftlichen Stabilität. Nach der spanischen Grippe kam es in den USA zu einem Rückgang der Geburten um 23 %. Ähnliche Auswirkungen erwarten Demografen von der aktuellen Pandemie. Seth Sanders von der Cornell University in Ithaca im US-Bundestaat New York hat hierzu die Daten aus 22 Ländern mit hoher Wirtschaftsleistung ausgewertet.
Tatsächlich lässt sich für viele Länder ab November 2020, also 9 Monate nach der 1. Erkrankungswelle, ein Rückgang nachweisen. Besonders stark fiel er in Südeuropa aus. In Italien wurden 9,1 %, in Spanien 8,4 % und in Portugal 6,6 % weniger Kinder geboren. Auch in Ungarn kamen 8,5 % weniger Kinder zur Welt als im Jahr zuvor. In Südeuropa hat sich damit ein Trend zu weniger Kindern verstärkt, der seit längerem zu beobachten ist.
In einigen anderen Ländern ist bisher kein Rückgang nachweisbar. Dazu gehört neben Slowenien, Südkorea, den 4 nordischen Ländern, den Niederlanden und der Schweiz auch Deutschland. Die Geburtenrate ist in diesen Ländern im letzten Jahr tendenziell eher gestiegen. Finnland hat sich sogar von einem langjährigen Rückgang der Geburtenrate erholt (wobei ein Trend zu mehr Geburten jedoch bereits in den Monaten vor der Pandemie erkennbar war).
Sanders führt die günstige Entwicklung im Norden Europas auf Maßnahmen zur Unterstützung von Familien und den vergleichsweise geringen Einbruch der Beschäftigungszahlen zurück. Es bleibt abzuwarten, wie sich die letzte 2. Welle vom Winter auf die Geburten auswirken wird.
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