COVID-19: Drogenabhängige erkranken häufiger an Endokarditis

Bethesda/Maryland – In den USA ist es während der Pandemie zu einem deutlichen Anstieg der infektiösen Endokarditiden unter Drogenabhängigen gekommen. Die Leiterin des National Institute on Drug Abuse (NIDA) vermutet in Molecular Psychiatry (2022; DOI: 10.1038/s41380-022-01903-1), dass COVID-19 die Anfälligkeit für Infektionen der Herzklappen erhöht.
Die Endokarditis ist seit der Einführung der Antibiotika in den reicheren Ländern zu einer seltenen Erkrankung geworden. In den USA hat sich dies in den letzten Jahren infolge der Opioid-Krise geändert. Die Zahl der Patienten, die häufig im Anschluss an eine medizinische Behandlung weiterhin illegal Opioide konsumieren, weil sie abhängig geworden sind, ist im letzten Jahrzehnt stark gestiegen. Da die intravenöse Gabe mit einem Infektionsrisiko verbunden ist, hat auch die Zahl der Endokarditis-Erkrankungen zugenommen.
Laut dem NIDA in Bethesda/Maryland steht mittlerweile jeder zehnte Krankenhausaufenthalt wegen Endokarditis im Zusammenhang mit einem intravenösen Drogenkonsum, und die Inzidenzen sind in den letzten 3 Jahren weiter gestiegen. Ein Team um die NIDA-Direktorin Nora Volkow hat hierzu die Daten des „TriNetX Analytics Network“ ausgewertet, das Zugriff auf die Abrechnungsdaten von 109 Mio. US-Patienten hat.
Ergebnis: Während die Inzidenz der Endokarditis bei Menschen mit Opioidabhängigkeit im Jahr 2011 bei 4 pro 1 Mio. Personentage lag, ist sie bis 2022 auf 30 pro 1 Mio. Personentage gestiegen. Bei Menschen mit Kokainabhängigkeit kam es zu einem Anstieg von 5 auf 23 pro 1 Mio. Personentage.
Die Zahl der Kokainkonsumenten ist in den USA höher als die der Opioidkonsumenten. Die Droge wird nur teilweise intravenös konsumiert. Die Infektion erfolgt bei beiden Drogen über kontaminiertes Injektionsbesteck.
Im zeitlichen Verlauf hatte es 2017 einen ersten Inzidenzgipfel gegeben. Danach waren die Zahlen in etwa gleich geblieben. Seit dem Beginn der Pandemie sind sie jedoch stark angestiegen. Die neue Analyse ergab, dass die Drogenabhängigen, für die eine COVID-19-Erkrankung dokumentiert war, doppelt so häufig an einer Endokarditis erkrankten.
Bei den Opioidabhängigen betrug die Hazard Ratio 2,23 (95-%-Konfidenzintervall 1,92 bis 2,60) und bei den Kokainabhängigen 2,24 (1,79-2,80). Eine 3. Gruppe sind vermutlich die Methamphetamin-Konsumenten, die jedoch in den elektronischen Krankenakten nicht erfasst werden.
Eine Endokarditis macht häufig eine Klinikbehandlung erforderlich. Der Anteil der Patienten mit COVID-19, die innerhalb von 180 Tagen nach der Diagnose einer Endokarditis hospitalisiert wurden, war mit 67,5 % höher als bei den Patienten ohne COVID-19, von denen 58,7 % im Krankenhaus behandelt werden mussten. Auch das Sterberisiko war mit 9,2 % versus 8,0 % höher, wobei die Unterschiede nicht signifikant waren. Es ist laut Volkow jedoch davon auszugehen, dass eine Endokarditis zumindest bei einer akuten COVID-19 einen schwereren Verlauf nimmt.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: