Medizin

COVID-19: EKG-Veränderungen könnten erhöhtes Sterberisiko von hospitalisierten Patienten anzeigen

  • Dienstag, 5. April 2022
/Photographee.eu, stockadobecom
/Photographee.eu, stock.adobe.com

Tel Aviv – Eine Verlängerung des QT-Intervalls im EKG bei der Aufnahmeuntersuchung zeigt bei Patien­ten, die wegen COVID-19 hospitalisiert werden, ein erhöhtes Sterberisiko an. Dies berichten Mediziner aus Israel auf einem Kongress der European Society of Cardiology in Kopenhagen.

Die Elektrokardiografie (EKG) ist eine einfache, nicht-invasive und kostengünstige Untersuchung, die in den letzten Jahren ein wenig in den Hintergrund getreten ist. Kardiologen verlassen sich in vielen Berei­chen lieber auf die Labordiagnostik, die mit der Bestimmung des Troponins das Ausmaß einer Herzschä­digung besser erfassen kann als die Veränderung im EKG (deren Ergebnisse allerdings schneller zu Ver­fügung stehen). Bei der Beurteilung der Herzleistung ist die Echokardiografie aussagekräftiger. Eine Magnetresonanztomografie kann, sofern sie zur Verfügung steht, auch Entzündungsprozesse im Herz­muskel sichtbar machen. Die Domäne der EKG ist die Rhythmusdiagnostik, wobei eine Verlängerung des QT-Intervalls immer ein ominöses Zeichen ist.

Das QT-Intervall beschreibt die Dauer vom Beginn der Kammerkontraktion bis zur völligen Entspannung. Eine Verlängerung deutet auf eine Störung der Erregungsleitung in der Herzkammer hin mit der Gefahr von ventrikulären Arrhythmien, die schnell tödlich enden können.

Ein Team um Ariel Banai vom Sourasky Medical Center in Tel Aviv, Israel, hat die EKG-Befunde von 335 Patienten analysiert, die wegen COVID-19 in der Klinik aufgenommen wurden: Bei 226 Patienten (67,5 %) war das QT-Intervall unauffällig, bei 109 Patienten (32,5 %) war es verlängert. Die Patienten mit verlän­gertem QT-Intervall waren älter (durchschnittlich 70 Jahre gegenüber 63 Jahren), hatten häufiger Begleit­erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und dekompensierte Herzinsuffizienz, und sie wurden häufi­ger wegen eines schweren Verlaufs von COVID-19 im Krankenhaus aufgenommen.

Bei 78 der 109 Patienten (71,6 %) mit QT-Verlängerung wiesen Veränderungen in der Echokardiografie und ein Anstieg des Troponins auf eine Myokardschädigung hin. Von den 266 COVID-19-Patienten mit normalen QT-Intervallen hatten nur 110 (48,7 %) Zeichen einer Myokardschädigung.

Nach den Berechnungen von Banai war ein verlängertes QT-Intervall mit einem zweifach erhöhten Risiko auf eine Myokardschädigung verbunden, nachdem Alter, Begleiterkrankungen und der Schweregrad der COVID-19-Symptome berücksichtigt wurden. Interessanterweise wies die Hälfte der Patienten mit Myo­kardschädigung keinen Anstieg des Troponins auf, was für Banai anzeigt, dass der Bluttest allein eine beträchtliche Anzahl von Patienten mit Herzproblemen übersehen könnte.

Nach 1 Jahr waren 41 % der Patienten mit verlängertem QT-Intervall gestorben, verglichen mit 17 % in der Gruppe mit normalem QT-Intervall. Eine QT-Verlängerung war mit einem 1,85-fach erhöhten Sterbe­risiko verbunden, auch wenn Alter, Begleiterkrankungen und der Schweregrad von COVID-19 berück­sichtig wurden.

Wenn die Patienten entsprechend dem Vorliegen einer Myokardschädigung (ja/nein) und einer QT-Ver­längerung (ja/nein) in 4 Gruppen eingeteilt wurden, hatten diejenigen mit beiden Erkrankungen eine 6,6-fach höhere Einjahressterblichkeit als Patienten ohne QT-Verlängerung und ohne Myokardschädigung.

Die retrospektiven Beobachtungen aus einer Klinik müssten noch in weiteren Studien bestätigt werden, sagte Banai. Am Ende könnten jedoch die Ergebnisse der EKG-Untersuchungen bei der Aufnahme der Patienten in der Klinik für eine Risikoeinstufung genutzt werden, so Banai.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung