Medizin

COVID-19-Impfung könnte auch einen gewissen Schutz vor Erkältungen bieten

  • Donnerstag, 10. Februar 2022
Viren Atemwegsinfektion
/peterschreiber.media, stock.adobe.com

Ulm - COVID-19-Impfungen könnten einen positiven Nebeneffekt haben: In einer kleinen Studie verbes­serten sie auch die Immunität gegenüber weit verbreiteten Erkältungscoronaviren. Dadurch könnten Häu­figkeit, Dauer und Schwere von Atemwegsinfekten reduziert werden, wie Ulmer Forschende in Clinical Infectious Diseases berichten (DOI: 10.1093/cid/ciac057).

Der pandemische Erreger SARS-CoV-2 ist nicht das einzige Coronavirus, dass Menschen infizieren kann. Zu den humanpathogenen Coronaviren gehören auch relativ harmlose und weit verbreitete Erkältungs­viren, ebenso wie gefährlichere Erreger wie SARS-CoV-1 und MERS.

„Die unterschiedlichen Coronaviren ähneln sich im Aufbau des Spikeproteins, das an menschliche Zellen bindet und somit deren Infektion ermöglicht. Alle COVID-Impfungen nutzen dieses Protein von SARS-CoV-2 zur Immunisierung“, erklärt Seniorautor Frank Kirchhoff, Direktor des Instituts für Molekulare Viro­logie am Universitätsklinikum Ulm.

Neutralisationstests vor und nach heterologer Impfung

Die Ulmer Arbeitsgruppe um die beiden Erstautoren Jan Lawrenz und Qinya Xie untersuchte die Blut­seren von 24 Probanden vor und nach einer heterologen Impfung mit den COVID-19-Vakzinen ChAdOx1-nCoV-19 (Astrazeneca) und BNT162b2 (Biontech/Pfizer). Ob die Coronaviren sich in den Blutseren ver­meh­ren konnten oder neutralisiert wurden, ermittelten sie anhand der Produktion von Virus-RNA und der Expression von viralem Nukleokapsid.

Die Neutralisationstests zeigten, dass die Probanden schon vor der Impfung eine starke Immunität gegen das saisonale Erkältungscoronavirus hCoV-OC43 aufwiesen. Auch gegen hCoV-NL63 war eine neutrali­sierende Aktivität nachweisbar, die aber variabler ausfiel. Gegen hCoV-229E zeigten alle Seren nur eine bescheidene inhibitorische Aktivität.

Nach der COVID-19-Kreuzimpfung stieg die neutralisierende Wirkung der Antikörper gegen die Erkäl­tungs­coronaviren um das 1,5- bis 4-fache an.

Hemmung auch von SARS-CoV-1, aber nicht von MERS

Weitere Neutralisationstests mit nicht vermehrungsfähigen Viruspartikeln ergaben, dass die durch die COVID-19-Impfung gebildeten Antikörper auch das eng verwandte, hochaggressive Virus SARS-CoV-1 hemmten. Auf MERS-Coronaviren hatte die Impfung dagegen keinen Effekt.

„Unsere Studie zeigt, dass die COVID-Impfung die neutralisierende Aktivität der Seren gegen saisonale Coronaviren verstärkt“, folgern Lawrenz und Xie. Offen sei aber die Frage, ob die Antikörper gegen das Spikeprotein von SARS-CoV-2 mit den anderen Coronaviren kreuzreagieren oder ob die Impfung bereits vorhandene B-Zellen gegen Erkältungsviren reaktiviert. Die vorläufigen Daten deuteten darauf hin, dass es eher die Reaktivierung vorhandener B-Zellen ist.

Erkältungen werden nicht verhindert, aber ausgebremst

Letztlich glauben die Forschenden aber nicht, dass COVID-19-Impfungen saisonale Erkältungen verhin­dern können. Dafür sei die erworbene Immunität wahrscheinlich zu schwach und kurzfristig. Allerdings könnte die COVID-19-Impfung Häufigkeit, Dauer und Schwere solcher Atemwegsinfektionen günstig beeinflussen.

nec

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