COVID-19: Impfungen bei schwerer Adipositas schwächer wirksam

Edinburgh und Cambridge – Eine Adipositas erhöht nicht nur das Risiko auf einen schweren Verlauf von COVID-19, auch der Impfschutz fällt schwächer aus. Bei Durchbruchinfektionen kommt es laut einer Studie in Nature Medicine (2023; DOI: 10.1038/s41591-023-02343-2) häufiger zu Krankenhausaufenthalten und Todesfällen.
Eine Adipositas geht in der Regel mit Stoffwechselstörungen einher, die die Funktion des Immunsystems beeinträchtigen. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass der Antikörperschutz nach einer Impfung gegen Grippe, Hepatitis und auch Tollwut schwächer ausfällt. Ein Team um Aziz Sheikh von der Universität Edinburgh hat jetzt die Auswirkungen der Adipositas auf die Effektivität der COVID-19-Impfung an den Daten der EAVE II-Studie untersucht.
Die Studie umfasst die gesamte schottische Bevölkerung. Von 3,5 Millionen Personen, die die Grundimmunisierung (mit BNT162b2 von Biontech oder ChAdOx1 von AstraZeneca) erhalten haben, ist es bei 10.983 (0,3 %) zu einer schweren Durchbruchinfektion gekommen, die eine Krankenhausbehandlung erforderlich machte mit insgesamt 2.207 Todesfällen.
Menschen mit einer Adipositas waren häufiger betroffen. Für eine Adipositas vom Grad 3 (BMI über 40 kg/m2) ermittelt Sheikh eine adjustierte Rate Ratio von 1,76, die mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 1,60 bis 1,94 signifikant war. Menschen mit schwerer Adipositas erkrankten demnach zu 76 % häufiger an einer schweren Durchbruchinfektion.
Für Menschen mit einer geringeren Adipositas (BMI 30 bis 39 kg/m2) betrug die Rate Ratio 1,11 (1,05-1,18). Das Risiko auf eine schwere Durchbruchinfektion war demnach nur leicht, aber signifikant erhöht. Da in diese Gruppe jedoch ein Viertel der Bevölkerung fällt, könnte die Adipositas für eine bedeutende Zahl von schweren Durchbruchinfektionen verantwortlich sein.
Ein Team um James Thaventhiran von der Universität Cambridge hat die Immunreaktion auf die Impfung bei 28 Menschen mit schwerer Adipositas und 41 Normalgewichtigen genauer untersucht. Beide Gruppen erzielten nach der Impfung gleiche hohe Antikörpertiter gegen das Spike-Protein, doch die Qualität der Antikörper war schwächer. Bei 52 % der adipösen Personen waren die Antikörper in einem Labortest nicht in der Lage, die Viren von einer Infektion der Zellen abzuhalten.
Bei den normalgewichtigen Personen betrug der Anteil nur 12 %. Die Forscher führen dies auf eine verminderte Bindungsstärke (Avidität) der Antikörper zurück. Die gleich hohen Antikörpertiter schließen gleichzeitig aus, dass die schlechtere Wirkung der Impfung darauf beruhen könnte, dass die Injektionen wegen der Adipositas am Oberarm die Muskelschichten nicht erreichten.
Auch eine dritte Impfdosis erzeugte bei den adipösen Personen nicht die erhoffte Wirkung. Die Antikörpertiter stiegen zwar an, sie waren zeitweise etwas höher als bei den Normalgewichtigen. Aber die neutralisierende Wirkung war schwächer und die Antikörpertiter fielen bei den adipösen Personen rascher ab. Die Laborergebnisse bestätigen deshalb die epidemiologischen Beobachtungen aus Schottland. Welche Pathomechanismen für die geringe Schutzwirkung verantwortlich sind, ist nicht bekannt.
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