Medizin

COVID-19: Junge Menschen anfällig für asymptomatische Reinfektionen

  • Freitag, 16. April 2021
Quarantänezelte auf dem Gelände des United States Marine Corps Recruit Depot Parris Island./ picture alliance, Lolita Baldor
Quarantänezelte auf dem Gelände des United States Marine Corps Recruit Depot Parris Island./ picture alliance, Lolita Baldor

New York – Junge Männer, die über Wochen auf engem Raum zusammen leben, die Nächte in gemein­samen Schlafsälen verbringen und tagsüber häufig einen engen körperlichen Kontakt haben, können sich schnell mit SARS-CoV-2 infizieren. In dieser Situation bietet auch eine Immunität durch eine frühere Infektion keinen absoluten Schutz, wie eine Studie an US-Rekruten in Lancet Respiratory Medicine (2021; DOI: 10.1016/S2213-2600(21)00158-2) zeigt.

Die Leiter des „United States Marine Corps Recruit Depot Parris Island“, wo alle männlichen Rekruten aus den Regionen östlich des Mississippi ihre Grundausbildung absolvieren, haben alles versucht, um das neue Coronavirus aus den Kasernen fernzuhalten. Alle Rekruten wurden 2 Wochen vor Beginn der Ausbildung in häusliche Quarantäne geschickt. Während dieser Zeit wurden 3 PCR-Abstriche durch­geführt. Auch wenn diese Tests negativ waren, mussten die Rekruten vor Betreten der Kasernen noch einmal 2 Wochen in eine überwachte Quarantäne. Vorher war eine Blutuntersuchung auf Antikörper fällig.

Diese Vorsichtsmaßnahmen haben nicht verhindert, dass es während der 6 Wochen der Grundausbildung zu einer Epidemie kam. Jeder 2. angehende US-Soldat wurde bei einer der regelmäßigen PCR-Kontrollen positiv getestet. Darunter waren nicht nur 1.079 der 2.247 Rekruten (48 %), die zu Beginn der Ausbildung keine Antikörper im Blut hatten. Auch 19 von 189 Rekruten (10 %), bei denen ein positiver Antikörpertest eine frühere (wegen negativer PRC-Tests überstandene) Infektion angezeigt hatte, infizierten sich erneut.

Aus dem Vergleich der beiden Gruppen ermittelt das Team um Stuart Sealfon von der Icahn School of Medicine in New York eine relative Inzidenzrate (IRR) von 0,18 (95-%-Konfidenzintervall 0,11 bis 20,8) die im Umkehrschluss bedeutet, dass eine frühere Infektion einen 82-%igen Schutz hinterlässt. Er kann sich mit der Schutzwirkung bei Angehörigen des britischen Gesundheitswesens (IRR 0,11; 0,03 bis 0,44) oder in der dänischen Bevölkerung (relatives Risiko 0,195; 0,155 bis 0,246) messen, die in anderen Studien ermittelt wurden.

Die Zahlen zeigen jedoch auch, dass bei jüngeren Menschen eine Infektion keine sichere Immunität hinterlässt. Über die Dauer macht die Studie keine Angaben, da der Zeitpunkt der Erstinfektion nicht bekannt ist. Die Zweitinfektion war bei den Rekruten von kürzerer Dauer: Nur 32 % waren nach 7 Tagen noch PCR-positiv gegenüber 47 % der erstmals Infizierten. Es kam auch seltener zu Symptomen (3 % versus 32 %).

Dies bedeutet, dass Reinfektionen bei jüngeren Menschen, auch wenn sie vermutlich nicht seltener sind als bei älteren Menschen, häufiger übersehen werden. Die jüngeren Reinfizierten könnten damit das Virus leichter verbreiten, weshalb Sealfon den jüngeren Menschen auch dann zur Impfung rät, wenn sie bereits an COVID-19 erkrankt waren.

Auf der anderen Seite war die mildere Zweitinfektion mit einer geringeren Viruslast verbunden. Die Konzentration in den Abstrichen war nach den Berechnungen von Sealfon etwa 10-fach niedriger, was auf eine geringere Übertragungsgefahr hindeutet.

Der Grund für die Zweitinfektion dürfte in vielen Fällen eine schwache Immunantwort nach dem 1. Kontakt mit dem Virus gewesen sein: Rekruten mit niedrigen Antikörper-Titern gegen das S-Protein (1:150 oder 1:450) infizierten sich genauso häufig wie Rekruten ohne vorherige Infektion. Das Serum der Rekruten, die sich ein 2. Mal infizierten, war in einem Labortest auch seltener in der Lage gewesen, die Infektion von Zellen zu verhindern.

rme

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